Landesbischof Ralf Meister richtet in diesem Jahr ganz speziell an die in Deutschland lebenden Menschen aus der Ukraine einen Weihnachtsgruß. Darin heißt es unter anderem: „Wir hören, unter welchen Bedingungen Kinder in der Ukraine zur Welt kommen: Ohne zuverlässige Versorgung mit Licht und Wärme. Manche werdenden Mütter verlassen die Ukraine: Hochschwanger gehen sie ohne die Väter in ein Land, das sie nicht kennen, um ihre Kinder zur Welt zu bringen. Eine Zeit von Krieg und Flucht ist über Europa gekommen.“ Und weiter: „Ich wünsche Ihnen, dass Sie während dieser Feiertage ein wenig von Gottes Nähe erleben können. Mögen Sie in Deutschland Menschen finden, die zu Geschwistern im Glauben und zu Freundinnen und Freunden für Sie werden. Ich wünsche Ihnen Kraft und eine beständige Hoffnung.“
Der Gesamttext ist als Download auf der Website der Landeskirche Hannovers zu finden und ist dort zeitnah auch in russischer und ukrainischer Sprache abrufbar sein. Dort finden Sie überdies das Lied „Stille Nacht“ in Ukrainisch mit Aussprachehilfe sowie den dazugehörigen Noten. Kirchengemeinden erhalten über diese Website auch Hinweise, wie sie mit christlichen Geflüchteten aus der Ukraine Weihnachten feiern können.
Die orthodoxe Mehrheit der Menschen in der Ukraine feiert Weihnachten nach dem julianischen Kalender, also am 7. Januar. Die Mitglieder der Ukrainischen Griechisch-Katholischen Kirche allerdings feiern nach dem gregorianischen Kalender, also am 25. Dezember. In der Ukraine sind beide Tage Feiertage.
Mit ihrer diesjährigen bundesweiten Fastenaktion „7 Wochen Ohne“ will die evangelische Kirche Mut in Krisenzeiten machen. Das Motto laute „Leuchten! Sieben Wochen ohne Verzagtheit“, schreibt der hannoversche Landesbischof Ralf Meister als Botschafter in einem Grußwort zu der Aktion, die vom 22. Februar bis zum 10. April geplant ist. Offiziell eröffnet wird sie den Angaben zufolge am 26. Februar mit einem ZDF-Fensehgottesdienst aus der St.-Ansgar-Kirche in Oldenburg.
„In dunklen Zeiten braucht es Licht, um den Mut nicht zu verlieren“, blickte Meister voraus. Die Aktion lade dazu ein, von Aschermittwoch bis Ostern genau hinzuschauen, so etwa auf Ängste, „und auf das, was uns trägt und Kraft gibt“. In den sieben Fastenwochen gehe es nicht allein um innere Erleuchtung, sondern auch um die Ausstrahlung auf andere. Die Fastenzeit sei kein Verzicht um des Verzichts willen: „Sie führt uns Tag für Tag zu neuen Erfahrungen.“
Sieben Wochenthemen begleiten die Aktion. Sie lauten „Licht an!“, „Meine Ängste“, „Was mich trägt“, „Und wie ich strahle!“, „Wir gehen gemeinsam“, „Durch die Nacht“ und zum Abschluss „In den Morgen“. Teilnehmende können sich zu Fastengruppen zusammenschließen oder auch für sich alleine den Fastenkalender nutzen, das zentrale Element der Aktion.
Die Fastenaktion wurde 1983 gegründet. Koordiniert wird sie von einem Projektbüro im Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik in Frankfurt am Main. Die Fastenaktion wird mit einem Gottesdienst eröffnet am Sonntag, 26. Februar, ab 9.30 Uhr in der evangelischen Kirche St. Ansgar in Oldenburg. Das ZDF überträgt live, Landesbischof Meister wird in diesem Gottesdienst predigen.
Ökumenische Akzente und Klarheit in den eigenen Positionen
Die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands (VELKD) hat mit Trauer und Anteilnahme auf den Tod des emeritierten Papstes Benedikt XVI. reagiert.
Der Leitende Bischof der VELKD, Landesbischof Ralf Meister, würdigte Benedikt „als einen tiefgründigen Denker und Theologen, als einen frommen Menschen, dessen ganzes Bestreben es war, in der Nachfolge Jesu zu leben. Seine Klarheit in den eigenen Positionen verband er mit eindeutigen ökumenischen Akzenten“. Auch als Papst sei er der wissenschaftlich denkende Theologe geblieben, der vor seiner Amtszeit an mehreren Universitäten, vor allem in Tübingen und Regensburg, gelehrt habe. Als Präfekt der Glaubenskongregation und damit Hüter der römisch-katholischen Lehre sei er kein einfacher Gesprächspartner gewesen und forderte die evangelischen Kirchen mit seinen Positionen heraus. In ihm habe die lutherische Kirche einen versierten Kenner Martin Luthers als Gegenüber gehabt, der insbesondere die Frage des Reformators nach einem gnädigen Gott betonte. Unvergessen bleiben die Begegnungen anlässlich seiner Besuche in Deutschland 2006 und 2011. Großen Respekt zollte der Leitende Bischof in seiner Würdigung auch der Entscheidung Papst Benedikts, 2013 aus gesundheitlichen Gründen zurückzutreten. Dies sei ein Schritt gewesen, mit dem er auch das Papstamt in seiner Menschlichkeit sichtbar gemacht habe.
Hannover, 31. Dezember 2022 Pressestelle der VELKD Dr. Frank Hofmann
In jedem Krippenspiel hat er seinen großen Auftritt. Der Wirt. Mit aufgemaltem Bart, manchmal auch mit Schürze und Schiebermütze steht er breitbeinig vor der verschlossenen Tür seiner Herberge. „Nein, hier ist kein Platz für Euch!“ Barsch verweist er Maria und Joseph. Keine schöne Rolle. Einen Engel oder Hirten zu spielen ist meistens wesentlich beliebter. Doch ohne Wirt würde dem Krippenspiel etwas fehlen.
Dabei kommt er in der Weihnachtsgeschichte gar nicht vor. In der Bibel heißt es: „Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn eine Krippe, denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge.“ (Lukas 2,7). Vom Wirt keine Spur. Ist er so wichtig, dass wir ihn erfinden müssen?
Der Wirt steht im Weg. Damit bringt er viel unserer täglichen Lebenserfahrung in die Geschichte. Sie ist nicht rührselig, sondern realistisch.
Wie vieles steht uns im Weg! Verhindert, dass wir unbeschwert in einen fröhlichen Heiligen Abend gehen können. Eine Krankheit, die nicht weichen will. Existenzsorge, die auf der Stelle treten lässt. Liebeskummer, der den Blick in die Zukunft versperrt. Kriegsmeldungen, die bedrohliche Schatten werfen und Angst ausstreuen. Lauter Lebensbegrenzer, Lebensverhinderer. Verschlossene Türen für das Hoffnungsvolle und die guten Nachrichten. Es steht uns viel im Weg, bringt Stillstand und Sorgen. Wie soll es weitergehen?
In manchen Krippenspielen redet die Wirtsfrau ihrem Mann gut zu. In anderen beginnt er zu zögern, legt sein rabaukenhaftes Auftreten ab und zeigt Josef und Maria den Weg in den Stall. Menschlichkeit scheint auf. Ein Herz bleibt nicht für immer verhärtet. Wege öffnen sich, anders als erwartet. Gott kommt in Jesus Christus zur Welt, armselig, schäbig. Aber nichts kann ihn aufhalten. Er bahnt sich seinen Weg und ruft uns zu: Ich bin da und gehe mit euch. Bringt eure Tränen, eure Sorgen. Hier an der Krippe haben sie ihren Platz. Und dann brecht wieder auf mit einer Hoffnung, die weit über diese Nacht hinausführt.
Die Zuversicht dieser alten Geschichte reißt uns aus dem Kerker der Sorge. Für manch einen oder eine mag das nur eine Festtagsfassade sein. Für mich ist das mehr. Es ist die Gewissheit, dass Gott uns niemals loslassen wird, nicht in all unseren Sorgen und unseren Ängsten. Türen öffnen sich, gegen jede Erwartung, und wir leben Tag um Tag in der Gastfreundschaft Gottes. Seit dieser ersten Heiligen Nacht ist nichts mehr gleichgültig, er beherbergt uns durch alle Zeiten.
Zuversicht und Friede sei in Ihrem Haus! Ihr Ralf Meister
Am 1. Advent erlebten die Besucherinnen und Besucher des Klosters Loccum einen neuen Adventsmarkt. Kloster, Kirchengemeinde und Loccums Handwerker- und Gewerbeverein Loccum (HGV) hatten sich erstmals in der 859-jährigen Geschichte des Klosters zusammengetan, um einen gemeinsamen Adventsmarkt auszurichten. Der große Zuspruch und die hohe Besuchendenzahl gaben der Idee recht, so dass auch im nächsten Jahr wieder zum adventlichen Markt auf dem Klostergelände eingeladen wird. Am 2. Adventswochenende tagte der Konvent des Klosters Loccum - die Freude über diese gelungene Aktion begleitete auch diese Tagung.
Landesbischof Ralf Meister hat mit Blick auf den Klimawandel dazu aufgerufen, zügig zu handeln. „Wir können alle etwas tun, um für eine bessere Zukunft dieser Welt das Mögliche beizutragen.“ Das gelte auch für seine eigene Landeskirche, sagte er bei der Tagung der Landessynode in Hannover. Es erfülle ihn mit Scham, wie lange in der Kirche bereits über Solaranlagen auf Kirchendächern debattiert werde. „Wir haben 20 Jahre verschlafen.“ Photovoltaik müsse zur „Chefsache“ werden. Das Kirchenparlament hatte zuvor die Weichen für einen Ausbau der Gewinnung vom Solarstrom auf den Kirchendächern gestellt.
Mit großer Mehrheit beauftragte es das Landeskirchenamt in Hannover, zeitnah Musterverträge sowie eine Handreichung zur Errichtung von Photovoltaik-Anlagen zu erarbeiten, um ihren rechtssicheren und wirtschaftlichen Betrieb zu ermöglichen. „Es geht darum, konsequent und zügig alle Voraussetzungen für den Ausstieg aus fossilen Energieträgern in unserer Landeskirche zu schaffen“, sagte die Vorsitzende des Umwelt- und Bauausschusses, Bettina Siegmund. Die Landeskirche verfüge über fast 8.000 Gebäude. Ein großer Teil der Dachflächen sei für die die Installation von Photovoltaik geeignet.
Meister berichtete von Gesprächen mit der Protestbewegung „Letzte Generation“. „Es gibt viele junge Menschen, die mit Zivilcourage und mutigen Schritten Aufmerksamkeit schaffen und Empörung auslösen, weil sie daran erinnern, dass wir auf eine katastrophale Situation zulaufen“, sagte er. „Mich haben diese Gespräche sehr herausgefordert.“ Dabei gehe es um die Frage, wie extrem Widerstand werden dürfe. Im Fokus stehe aber auch, was diese Menschen von der Kirche erwarteten: „Mindestens doch konsequentes Handeln in den eigenen Reihen.“ Dabei gehe es auch um Glaubwürdigkeit. „Es ist schon viel passiert, aber noch lange nicht genug.“
DFB-Vizepräsident Ralph-Uwe Schaffert hat die Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft an Katar als einen Fehler bezeichnet. „Der DFB hat sich in dieser Frage deutlich, wenn auch spät positioniert“, sagte Schaffert am Sonntagabend in der Marktkirche in Hannover, während die Mannschaft des WM-Gastgebers ihr Auftaktspiel 0:2 gegen Ecuador verlor. Landesbischof Ralf Meister hatte zeitgleich zum Eröffnungsspiel zu einer Diskussion über die Menschenrechte in Katar eingeladen. Neben Schaffert, der auch Präsident des Niedersächsischen Fußballverbands ist, sprach Mathias John von Amnesty International.
„Trotz tropischer Hitze ist diese WM kein Sommermärchen“, sagte Meister. Sie werde überschattet von prekären Arbeitsbedingungen und tausendfachen Todesfällen. „Ohne Gedenken an die Opfer darf diese WM nicht beginnen.“ Im NDR-Zwischenruf hatte sich Meister zuvor dafür ausgesprochen, dass bei künftigen Sport-Großereignissen die Einhaltung von Menschenrechten und der Klimaschutz entscheidende Kriterien sein müssten: "Eine Mehrheit derjenigen, die Einfluss haben, muss dafür sorgen, dass Themen wie Menschenrechte, Umwelt- und Klimaschutz, Nachhaltigkeit ausschlaggebend dafür sind, wo ein Sportgroßereignis stattfindet. Erst dann wird sich etwas ändern. Und wir müssen das einfordern."
John wies darauf hin, dass „die miserable Lage der Arbeitsmigranten schon 2010 bei der Vergabe bekannt“ gewesen sei. Die Menschen aus südasiatischen und afrikanischen Ländern seien „falschen Versprechungen der Vermittlungsagenturen“ gefolgt, sagte der Amnesty-Experte für Wirtschaft und Menschenrechte. Darüber hinaus würden Meinungsfreiheit, Pressefreiheit und Versammlungsfreiheit unterdrückt. „Die FIFA versucht, berechtigte Kritik daran ins Abseits zu stellen und verstößt damit gegen die eigenen Regeln“, unterstrich John.
Schaffert begründete die deutlichen Töne des DFB mit der neuen Verbandsführung. Den im März 2022 gewählten Präsidenten Bernd Neuendorf hätten die jüngsten Äußerungen von FIFA-Boss Gianni Infantino „einigermaßen irritiert und auch verstört“. Infantino hatte laut Neuendorf in einem Schreiben gefordert, „dass die Menschenrechte jetzt keine Rolle mehr spielen und wir uns hier auf den Fußball konzentrieren sollen“. Kritik vor allem aus Europa an WM-Gastgeber Katar hatte Infantino zuletzt als „heuchlerisch“ bezeichnet.
Schaffert ergänzte, dass die Position des DFB - unter anderem verweigert er die Unterstützung für eine Wiederwahl Infantinos - ihren Preis habe und wohl dazu führen werde, dass die Frauen-WM 2027 nicht nach Deutschland, Belgien und in die Niederlande vergeben wird. Die Nachbarländer, die sich gemeinsam mit Deutschland um die Ausrichtung beworben hatten, seien daher „nicht so gut auf uns zu sprechen“. Er stehe jedoch dazu: „Menschenrechte sind nicht teilbar.“
Meister regte auch zu Diskussionen in der Familie, im Freundeskreis oder mit Kolleginnen und Kollegen an: "Welchen Stellenwert haben für uns Menschenrechte? Unter welchen Bedingungen wird unsere Kleidung produziert oder unsere Nahrung? Welche Abstriche machen wir, um endlich wirksamen Klimaschutz zu ermöglichen? Und welche Kompromisse halten wir aus – beispielsweise in der Energiefrage?"
Kinderbuch statt Bibeltext, Bücherei statt Kirche – Landesbischof Ralf Meister hat beim bundesweiten Vorlesetag mitgemacht und Schülerinnen und Schülern aus der Comeniusschule in Hannover einen „märchenhaften“ Vormittag beschert.
Der Vorlesetag ist seit 2004 Deutschlands größtes Vorlesefest und vermittelt Kindern und Erwachsenen auf gemeinsame Initiative von der Stiftung Lesen, der Wochenzeitung „DIE ZEIT“ und Deutsche Bahn Stiftung alljährlich am dritten Freitag im November die Bedeutung des Vorlesens. Rund 600 000 kleine und große Menschen haben gestern beim Aktionstag mitgemacht, darunter viele Prominente wie die Moderatorin Maybrit Illner, Sportler Jens Lehmann oder Autor Paul Maar.
Landesbischof Meister ist als Vorsitzender des Evangelischen Literatur-Portals, dem Dachverband der evangelischen öffentlichen Büchereien, in Sachen Vorlesetag ein alter Hase. Kaum haben es sich die 47 Erst- und Viertklässler auf der Kissenlandschaft in der Kinder- und Jugendbücherei der evangelischen Lukaskirche gemütlich gemacht, kommen erste Fragen, die den kleinen Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Seele brennen. „Was macht eigentlich ein Bischof?“ und „Darf ein Bischof überhaupt heiraten?“ Also erzählt Ralf Meister zunächst ein bisschen über sein Tun, dass er schon sehr, sehr lange verheiratet ist und längst nicht so gut vorlesen könnte, wenn er nicht selbst drei Kinder hätte. Die seien aber mittlerweile erwachsen. Zwei Enkelinnen lauschen der warmen, lebendigen Stimme des Großvaters dafür von Zeit zu Zeit. Demnächst bestimmt auch den Worten aus „Rotkäppchen rettet den Wolf – ein Nicht-Märchen“.
„Ich habe schon ein bisschen geübt und der Titel gefällt mir, nur fällt mir Rotkäppchen laufend ins Wort“, erzählt Ralf Meister lachend. Und dann geht’s auch schon los. Aber können Kinder in der Grundschule, die mit Conni, Sams und Harry Potter aufwachsen, denn mit dem Klassiker überhaupt noch etwas anfangen?
Ob Märchen oder Nicht-Märchen – die Originalfassung vom Rotkäppchen, so der Landesbischof, müssen Kinder nicht unbedingt kennen, um der Geschichte folgen zu können.
Das Kinderbuch dreht sich um die neunjährige Anna alias Rotkäppchen, die von den Märchen der Erwachsenen genervt ist. Und so beginnt das Nicht-Märchen statt mit „Es war einmal“ mit „Es ist“. Die Story ist die gleiche. Für Rotkäppchen geht’s in den Wald, um der Großmutter Kuchen zu bringen. Alles, was dann kommt, ist anders: Rotkäppchen ist selbstbewusst, frech und vorlaut. Die Großmutter ist nicht krank. Der Wald ist voller Müll - und der Wolf? Der ist menschenscheu und möchte Rotkäppchen nicht über den Weg laufen. Den Part des Bösewichts übernimmt stattdessen der Bürgermeister von Buchwalden an der Grimm, Wolfgang Wolf. Er will den Wald abholzen und dort ein Einkaufszentrum bauen. Rotkäppchen ist wild entschlossen, das zu verhindern und damit die Natur, die Wolfsfamilie und die anderen Tiere zu retten. Ein modernes Märchen also, das schon die kleinen Köpfe zum Nachdenken anregen soll.
Meister weiß, wie man Zuhörer fesselt, auch die Jüngsten. Er erzählt mit Gesten und perfekt imitierten Stimmen der Protagonisten im Buch und kann die Kinder für die Geschichte um Anna begeistern. Das Büchereiteam mit Sandra Hensing, Ute Senkowski und Barbara Stein unterstützt tatkräftig, hat Plakate vorbereitet, die das Gehörte bildlich darstellen. Und sie stellen zum besseren Verständnis zusammen mit Regionaldiakonin Elke Siegmund die Steckbriefe der einzelnen Figuren aus dem modernen Märchen vor.
Das kommt bei Lehrkräften und Kindern gut an. „Ich finde es großartig, dass sich Initiativen im Stadtteil verknüpfen und dabei so wunderbare Begegnungen wie diese Vorlesestunde herauskommen“, sagt Daniel Schüttlöffel, der die Erstklässler aus der „Flamingo-Klasse“ begleitet. Das Leseprinzip haben seine Schülerinnen und Schüler schon begriffen, jetzt gehe es darum, die Kinder für das Lesen zu begeistern. „Mir gefällt es hier und die Geschichte finde ich spannend“, sagt Milla. Auch Sarah besucht die erste Klasse und freut sich darauf, selbst lesen zu können. Bis dahin lauscht sie den Erwachsenen, „weil das Spaß macht!“
In den Vorlese-Genuss kommen die bücherbegeisterten Viertklässler von Anja Leue jeden Morgen. „Die Kinder machen Frühstückspause und ich lese vor“, erzählt sie lachend. „Aber heute ist ein besonderer Tag, da bin ich mit Zuhören dran.“
Der Reformationstag ist für Landesbischof Ralf Meister „ein Hoffnungszeichen“. „Wenn wir uns heute überlegen, in welchen Umbrüchen wir leben, dann ist das 16. Jahrhundert eine Folie, die zeigt, dass man solche Neuorientierungen auch bewältigen kann“, sagte er dem Bremer „Weser-Kurier“ (Samstag). Der Reformator Martin Luther habe schon in seiner ersten These zur Umkehr aufgerufen. „Deswegen fragen wir am Reformationstag: Was bedeutet Umkehr eigentlich in einer Zeit, in der wir uns in großen Krisen befinden?“
Für ihn persönlich bedeute es mehr Nachhaltigkeit und mehr Energieeinsparung. „Und gleichzeitig sind das nicht nur individuelle Fragen, sondern solche, die in meiner Nachbarschaft eine Relevanz haben, in meinem Dorf oder Stadtteil.“ Um für solche Zusammenhänge zu sensibilisieren, könne die Gesellschaft die Erkenntnisse aus dem 16. Jahrhundert „sehr, sehr gut gebrauchen“. Zentral sei in diesem Zusammenhang der gesellschaftliche Zusammenhalt: „Solidarität ist kein bloßes Schlagwort, sondern eine Lebenshaltung.“
Landesbischof Ralf Meister hat sich für die Entfernung der „Judensau“ an der Fassade der evangelischen Stadtkirche Wittenberg ausgesprochen. „Man sollte sie entfernen“, sagte Meister am Sonntagabend in der Marktkirche in Hannover. Dies sei der richtige Umgang mit einer fehlgeleiteten, vernichtenden Ästhetik. Meister reagierte damit auf den Vorschlag des Antisemitismus-Beauftragten der Bundesregierung, Felix Klein, derartige Skulpturen ins Museum zu stellen. Beide diskutierten am Vorabend des Reformationstages bei der Veranstaltung „Was gesagt werden muss. Judentum und Reformation“.
Der Wittenberger Gemeindekirchenrat hatte am Mittwoch nach jahrelangem Streit bekannt gegeben, dass die judenfeindliche Schmähplastik aus dem Mittelalter an Martin Luthers Predigtkirche nicht entfernt werden, sondern als Mahnstätte und Lernort erhalten bleiben soll. „Als wenn wir sonst nicht genug Lernorte hätten“, kommentierte Meister diese Entscheidung.
Der leitende Theologe sagte, er habe seinerzeit die Bemühungen um eine Kontextualisierung der Wittenberger „Judensau“ inklusive einer erklärenden, distanzierenden Texttafel für „sehr plausibel“ gehalten. Inzwischen habe er seine Meinung aber geändert. „Ich habe mit vielen Jüdinnen und Juden gesprochen, die das Relief weiterhin unerträglich finden.“
Felix Klein hatte sich zuvor in seinem Impulsvortrag skeptisch gegenüber einem „Bilderverbot“ gezeigt. Zudem sollten nicht Gerichte über diese Frage entscheiden - wie im Falle von Wittenberg der Bundesgerichtshof. Dieser hatte im Juni geurteilt, dass die „Judensau“ trotz des antijüdischen Inhalts an seinem historischen Ort verbleiben kann, da die Distanzierung der Gemeinde ausreichend sei.
Klein argumentierte hingegen, die Wittenberger Tafel von 1988 setze zu viel Wissen voraus und sei heute nicht mehr allgemein verständlich. Er hoffe auf einen gesamtgesellschaftlichen Dialog, wie er in einem ähnlichen Fall in Regensburg gelungen sei. „Gebieten es nicht allein Moral und Anstand und Rücksicht auf die Empfindungen der Geschmähten, beleidigende und schmähende Darstellungen zu entfernen?“, fragte der Beauftragte der Bundesregierung.
Grundsätzlich lobte Klein die kritische Auseinandersetzung der evangelischen Kirchen mit der Judenfeindlichkeit Martin Luthers. Dies habe sich besonders beim Reformationsjubiläum 2017 gezeigt. „Es geht nicht darum, Lutherdenkmäler umzustürzen.“ Allerdings müssten auch die Risse und dunklen Flecken dieser Denkmäler sichtbar gemacht werden. „Einer dieser Flecken ist die Abwesenheit jüdischer Perspektiven, die es zu beheben gilt.“