© Kirchentag.de

In Vorfreude auf den Kirchentag

Sat, 26 Apr 2025 10:58:02 +0000 von . Bischofskanzlei

Eine große Gemeinschaftsidee

„Der Christ muß dafür sorgen, dass der Staat in Ordnung bleibt.“ Dieses Leitwort prägte Bundespräsident Gustav Heinemann auf dem ersten Deutschen Evangelischen Kirchentag, der 1949 in Hannover stattfand. Als Staatsmann wies er der Kirche eine staatstragende Aufgabe zu. Er ermutigte zu kritischen Interventionen. „Uns ist aufgetragen, dafür zu sorgen, daß die evangelische Kirche nicht wieder ein Zusatzgewicht auf der Seite des Staates wird, sondern daß sie ein Gegengewicht zur Staatsgewalt bildet. Wir müssen anfangen, eine eigenständige Kirche zu werden, die als soziales und beunruhigendes Gewissen den Staat immer wieder begleitet.“ 

Gesellschaftsstärkend wollte auch der Hauptinitiator des Kirchentages Reinold von Thadden-Trieglaff den Kirchentag verstanden wissen, aber doch auf ganz andere Weise. Für ihn stand der Begriff der Gemeinschaft im Vordergrund. Die Christengemeinde – er meinte bewusst nicht die Kirche als Organisation oder als akademische Theologie – könne in der Art, wie sie in den Reihen ihrer Christenmenschen ein gelingendes Miteinander praktiziert, ein Modell sein, das der Gesellschaft im Ganzen Impulse gibt. 

Es war vor 76 Jahren – wenn auch aus unterschiedlicher Perspektive - ein Anliegen und wesentliches Ziel des Kirchentages, der jungen Demokratie auf die Beine zu helfen. Die evangelische Kirche könne, so Gustav Heinemann, einen wichtigen Beitrag dazu leisten, den nationalen Zusammenhalt Deutschlands zu fördern. Sind das alles nur noch Reminiszenzen längst vergangener Zeiten? Es klingt hoch aktuell. Gesellschaftlicher Zusammenhalt, konstruktiver Umgang mit Diversität und Pluralität, Konsensorientierung, die eine demokratische, partizipative Gemeinschaftsidee unterstützt und ihr eine Dimension von Hoffnung, Zuversicht gibt, verbunden mit einem aktiven Gestaltungswillen. Das sind heute wesentliche Fragen für die Zukunft unseres Staates. 

Modell für Demokratie

Im damaligen Nachkriegsprotestantismus war das Eintreten für die Demokratie keinesfalls die Regel. Der Kirchentag war, lange bevor das Wort in die deutsche Sprache Eingang fand, die erste große zivilgesellschaftliche Bewegung der Nachkriegszeit. Er gründete ein Modell, wie gesellschaftliche und politische Diskussionen die öffentliche Stimme von Christinnen und Christen in der Welt wurden. Engagiert und mutig, streitbar, manchmal auch grenzüberschreitend. Es war das Experiment in einer jungen Demokratie, den christlichen Glauben zivilgesellschaftlich zu formieren. Vieles, was uns heute rückständig und konservativ erscheint, waren damals mutige Schritte aus der Finsternis eines nationalsozialistischen Terrorregimes.  

Dieses Ur-Anliegen des Kirchentages stellen wir auch im Jahr 2025 in Hannover nach vorn. Demokratie ist die Utopie von gelingender Gemeinschaft, die sich nicht auf eine irgendwie zu erreichende Homogenität beruft, sei sie ethnisch, national, auch nicht konfessionell, sondern sich bewusst inmitten einer Situation der Vielfalt konstituiert. Ein Beispiel dafür ist der interreligiöse Dialog. Das Haus der Religionen präsentiert sich als Modell einer pluralen, diversen, inhomogenen Gemeinschaftsidee. Wir stellen diese Idee sichtbar nach vorne und hoffen – wie es auch der erste Kirchentag 1949 für sich in Anspruch nahm -, dass solche Versuche Modellcharakter für das gesellschaftliche Ganze haben können. 

Ein zweites Beispiel ist das „Forum Überlebensfragen junger Menschen“, das als Projekt der Landeskirche Hannovers für den Kirchentag vorbereitet wurde. Junge Menschen haben sich, begleitet und gefördert durch die Hanns-Lilje-Stiftung und die Heinrich-Dammann-Stiftung, seit dem Kirchentag in Nürnberg 2023 auf den Weg gemacht, um mit Gleichaltrigen Fragen nach dem weiteren Weg in Sachen Klimaschutz, dem Miteinander von Nationen oder der Bedrohung der Demokratie zu stellen und in Formaten wie Live-Podcasts mit Ansprechpersonen z.B. aus der Politik zu erörtern. „Forum on tour“ mündet als Begegnungsort auf dem Kirchentag in Hannover und bringt die Anliegen junger Menschen ins Gespräch.  

Ralf Meister
Quelle: Kirchentag
Bestätigen

Bist du sicher?