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"Pervertierung des Spende-Gedankens"

Tue, 02 Apr 2019 07:40:13 +0000 von . Bischofskanzlei

Evangelische Frauen kritisieren gemeinsam mit Landesbischof Meister die Widerspruchslösung bei der Organspende

Hannover (epd). An der von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vorgestellten Widerspruchslösung bei der Organspende gibt es deutliche Kritik. Der fraktionsübergreifende Gesetzentwurf sei ein "Paradigmenwechsel und eine Pervertierung des Spende-Gedankens", sagte die Vorsitzende des Dachverbands Evangelische Frauen in Deutschland, Susanne Kahl-Passoth, am Montag in Hannover. "Definitionsgemäße Voraussetzung einer Spende ist Freiwilligkeit. Und eben diese will Spahn abschaffen."

Eine Gruppe von Bundestagsabgeordneten um Spahn und den SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach hatte am Montag einen Gesetzentwurf zur Einführung einer Widerspruchsregelung bei Organspenden vorgelegt. Bei dieser Lösung gelten alle Menschen automatisch als Organspender, sofern sie zu Lebzeiten oder ihre Angehörigen nach dem Tod nicht widersprechen. Ziel des Entwurfs ist, die Zahl der gespendeten Organe zu erhöhen.

Auch Landesbischof Ralf Meister sprach sich gegen die vorgeschlagene Änderung aus. "Bei der Frage einer Organentnahme muss ich selbst zu Lebzeiten aktiv "ja" sagen", sagte Meister. Dieser Entscheidung gingen viele Fragen voraus: "Kann ich mich auf die Ärzte verlassen, die mich für hirntot erklären? Kann ich sicher sein, dass meine Menschenwürde auch im Koma-Zustand gewahrt wird, und ich nicht als Ersatzteillager betrachtet werde?" Für ihn sei die Frage der Organspende eine höchst persönliche und emotionale. "Deshalb muss ich in Verantwortung vor Gott und den Menschen frei entscheiden, ob Organe und Gewebe entnommen werden."

Die evangelischen Frauen kritisieren, der Gesetzentwurf sehe die gesamte Bevölkerung als potenzielle Organspender. Dies setze eine Art "Sozialpflichtigkeit" des toten menschlichen Körpers voraus, sagte die stellvertretende Verbandsvorsitzende Angelika Weigt-Blätgen: "Die Vorstellung des menschlichen Körpers als eine Art Ersatzteillager entspricht nicht unserem christlichen Menschenbild. Wir setzen auf Freiwilligkeit und umfassend informierte Entscheidung". Dazu gehöre auch die Information, dass Spende-Organe nicht Leichnamen, sondern hirntoten Menschen entnommen würden, die sich in einem unumkehrbaren Sterbeprozess befänden.

Auch der Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Peter Dabrock, kritisiert die Widerspruchslösung.
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