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Wir schulden einander den Frieden

Mon, 21 Feb 2022 10:07:00 +0000 von . Bischofskanzlei

Es war Musik, die mich 2005 in die Ukraine brachte. Ich war für das "Wort zum Sonntag" anlässlich des Eurovision Song Contest nach Kiew gereist. Unvergessliche Tage. Ich erlebte ein Land im Aufbruch. Ein Volk suchte nach einer nationalen Identität nach den Jahrzehnten in der Sowjetunion. Und nun kam zum ersten Mal diese europäische Veranstaltung in die Ukraine.

Ich stand auf dem Maidan in Kiew, dem Unabhängigkeitsplatz. Ein weiter Platz, mit spazierenden, neugierigen Touristen und Passanten. Keine sechs Monate zuvor waren Bilder dieses Platzes jeden Abend weltweit in den Nachrichten gewesen. Hunderttausende forderten mit Überzeugung und mit Musik 2005 einen politischen Wandel. Junge und alte Menschen sangen Lieder für die Freiheit. Musik war ihre gemeinsame Stimme.

In diesen Tagen ist die Stimmung in dem Land, das ich damals bereist habe, eine andere. Die Spannungen zwischen Russland und der Ukraine sind beängstigend. Wir sorgen uns um den Frieden in Europa. Kommt Krieg? Dieser Konflikt hat viele Ursachen: historische, geopolitische. Beide Seiten wollen Sicherheit.

Beim Eurovision Song Contest in Kiew trat damals 2005 die Band Greenjolly für die Ukraine an. Der Refrain ihres Hip-Hop-Songs "Razom Nas Bahato" lautete: "Zusammen sind wir viele". Es war ein Lied, das schon auf dem Maidan bei der orangenen Revolution gesungen worden war. Ein Revolutionslied. Ein Protestsong. Was aber wäre, wenn diese Botschaft der Einigkeit die Botschaft aller Menschen wäre? Über alle Grenzen hinweg sind wir viele, und wir schulden einander den Frieden, niemals den Krieg.

Landesbischof Ralf Meister im "Zwischenruf" am 20. Februar 2022 auf NDR Niedersachsen
Quelle: NDR
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