In "Meine Meinung" in der ersten Ausgabe der Evangelischen Zeitung des neuen Jahres schreibt Landesbischof Ralf Meister über "Pegida"
Ich weiß nicht, was die Bewegung „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ unter „Patriotismus“ versteht und ich glaube, dass es den meisten Teilnehmern eher um individuelle Sorgen geht und dafür die Muslime zum Sündenbock gemacht werden. So begrüße ich die Stellungnahme des Zentralrats der Juden: Es sei absolut inakzeptabel, dass die Angst vor islamistischem Terror instrumentalisiert werde, um eine ganze Religion zu verunglimpfen.
Auf der anderen Seite ist die heterogene Zusammensetzung der Demonstranten ein Novum. Das bisherige Schema links oder rechts greift nur bedingt. In der ZEIT (17. 12. 2014) heißt es: „Forscher erklären den Zulauf für populistische Bewegungen mit dem Gefühl, man dürfe als Bürger bei entscheidenden Fragen nicht mehr mitreden, man sei nicht mehr „repräsentiert“. So steckt hinter Pegida auch ein diffuses Gefühl, dass über die Köpfe der Menschen hinweg regiert wird. Gesellschaftliche Solidarität, soziale Offenheit und Akzeptanz von Vielfalt lassen sich nicht mit Argumenten behaupten oder durch Gesetze verordnen. Sie entstehen aus der Mitte der Gesellschaft. Sie werden gelebt von selbstbewussten und verantwortlichen Staatsbürgern.
Deshalb muss eine drohende gesellschaftliche Spaltung Ernst genommen werden. Reflexhafte Verurteilungen helfen nicht. Die Migration wirft für unsere Gesellschaft Fragen auf, die wir beantworten müssen. Wir brauchen die grundlegende Erfahrung, dass eine gesellschaftliche Vielfalt im demokratischen Rechtsstaat ein Reichtum sein kann. Und dazu braucht es Menschen und Nachbarschaften, die diese solidarische Gemeinschaft gestalten.
In den Gemeinden unserer Landeskirchen geschieht das. Christinnen und Christen ziehen andere Maßstäbe für die Begegnung zwischen Religionen heran. Sie nehmen die Jahreslosung für 2015 ernst: „Nehmt einander an wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Lob“. Bei dem großenteils ehrenamtlichen Einsatz bei der Ankunft der Flüchtlinge im Aufnahmelager Osnabrück ist das Realität geworden. In vielen Kirchengemeinden wird den Neuankömmlingen konkrete Hilfe angeboten. Eine Gesellschaft überwindet die Angst vor dem Anderen nicht durch Ausgrenzung, sondern durch Integration. Das wird niemals eine leichte Aufgabe sein, aber ohne Integration verspielen wir die Zukunft unserer Gesellschaft.
Ralf Meister
Ich weiß nicht, was die Bewegung „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ unter „Patriotismus“ versteht und ich glaube, dass es den meisten Teilnehmern eher um individuelle Sorgen geht und dafür die Muslime zum Sündenbock gemacht werden. So begrüße ich die Stellungnahme des Zentralrats der Juden: Es sei absolut inakzeptabel, dass die Angst vor islamistischem Terror instrumentalisiert werde, um eine ganze Religion zu verunglimpfen.
Auf der anderen Seite ist die heterogene Zusammensetzung der Demonstranten ein Novum. Das bisherige Schema links oder rechts greift nur bedingt. In der ZEIT (17. 12. 2014) heißt es: „Forscher erklären den Zulauf für populistische Bewegungen mit dem Gefühl, man dürfe als Bürger bei entscheidenden Fragen nicht mehr mitreden, man sei nicht mehr „repräsentiert“. So steckt hinter Pegida auch ein diffuses Gefühl, dass über die Köpfe der Menschen hinweg regiert wird. Gesellschaftliche Solidarität, soziale Offenheit und Akzeptanz von Vielfalt lassen sich nicht mit Argumenten behaupten oder durch Gesetze verordnen. Sie entstehen aus der Mitte der Gesellschaft. Sie werden gelebt von selbstbewussten und verantwortlichen Staatsbürgern.
Deshalb muss eine drohende gesellschaftliche Spaltung Ernst genommen werden. Reflexhafte Verurteilungen helfen nicht. Die Migration wirft für unsere Gesellschaft Fragen auf, die wir beantworten müssen. Wir brauchen die grundlegende Erfahrung, dass eine gesellschaftliche Vielfalt im demokratischen Rechtsstaat ein Reichtum sein kann. Und dazu braucht es Menschen und Nachbarschaften, die diese solidarische Gemeinschaft gestalten.
In den Gemeinden unserer Landeskirchen geschieht das. Christinnen und Christen ziehen andere Maßstäbe für die Begegnung zwischen Religionen heran. Sie nehmen die Jahreslosung für 2015 ernst: „Nehmt einander an wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Lob“. Bei dem großenteils ehrenamtlichen Einsatz bei der Ankunft der Flüchtlinge im Aufnahmelager Osnabrück ist das Realität geworden. In vielen Kirchengemeinden wird den Neuankömmlingen konkrete Hilfe angeboten. Eine Gesellschaft überwindet die Angst vor dem Anderen nicht durch Ausgrenzung, sondern durch Integration. Das wird niemals eine leichte Aufgabe sein, aber ohne Integration verspielen wir die Zukunft unserer Gesellschaft.
Ralf Meister