Osnabrück/Hannover. Aus Sicht von Landesbischof Ralf Meister hat der Mensch ein Recht auf Selbsttötung. "Wobei ich hier Recht nicht juristisch meine, sondern theologisch als eine Möglichkeit verstehe", sagte Meister der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Montag). In der Debatte um eine Neuregelung der Sterbehilfe in Deutschland äußerte der Theologe Zweifel, "dass ein Gesetz das eindeutig definieren kann".
"Denkbar wäre so etwas wie eine Beratungspflicht, wenn möglich zusammen mit Angehörigen und Ärzten", sagte Meister. "Wir sollten alle Möglichkeiten eröffnen, dass ein Leben bis zum letzten Atemzug lebenswert bleibt", forderte er. Zugleich sei Respekt vor jenen gefordert, die den Zeitpunkt ihres Todes selbst wählen wollen und um angemessene Hilfe bitten.
Das Bundesverfassungsgericht hatte im Februar das seit 2015 geltende Verbot organisierter Hilfe beim Suizid gekippt. Das Gesetz sei verfassungswidrig, weil es das allgemeine Persönlichkeitsrecht einschränke, urteilten die Karlsruher Richter. Entgegen einer gemeinsamen kritischen Stellungnahme der Spitzen der katholischen Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hatte Meister das Urteil begrüßt, weil es zeige, dass die Würde des Menschen auch dessen Selbstbestimmungsrecht beinhalte.
Der "Neuen Osnabrücker Zeitung" sagte der Landesbischof, er sei gegen jede Form von geschäftsmäßiger Assistenz zum Suizid. "Die vom Verfassungsgericht gekippte Gesetzgebung reichte jedoch nicht aus, um diese Fragestellung umfassend zu klären, sagte Meister.
Er distanziere sich von dem "heroischen Begriff der Selbstbestimmung", wie er in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts entfaltet werde, sagte er. "Doch es bleibt für mich auch festzuhalten, dass die Selbstbestimmung immer eine relationale ist, die im Gegenüber zu Gott und Menschen lebt. Sie mit naturrechtlichen Kategorien ohne die Billigkeit der konkreten menschlichen Situation zu erfassen, ist meines Erachtens nicht ausreichend", erläuterte Meister.
"Wenn mir Gott das Leben schenkt, hat er mir auch die Berechtigung zur Gestaltung dieses Lebens gegeben. Doch diese Selbstbestimmung hat immer mit Beziehung zu tun – gerade auch mit der Beziehung zu Gott und den Menschen, die mir wert und teuer sind," sagte Meister. Die Möglichkeit der Selbstbestimmung umfasse die Berechtigung zur Gestaltung, sei aber immer eingebunden in ein Beziehungsgeschehen.
Meister nannte als "beste Konsequenz des Verfassungsgerichtsurteils "offen und ehrlich darüber zu sprechen, wie Menschen in dieser Gesellschaft sterben und wie sie sterben wolle. Auf die Frage, ob es Ärzten erlaubt sein sollte, ein tödliches Medikament zu verabreichen, sagte Meister: "Ja. Genau über diesen Punkt sollten Gesetzgeber und Ärztekammer sprechen."
Text: epd-Landesdienst Niedersachsen-Bremen/Pressestelle
Text: epd-Landesdienst Niedersachsen-Bremen/Pressestelle