© Jens Schulze

Ängste durch Vermittlungsarbeit entkräften

Tue, 13 Oct 2015 14:11:03 +0000 von . Bischofskanzlei

epd: Herr Landesbischof, die Deutschen haben sich gegenüber Flüchtlingen bisher überwiegend offen gezeigt. Sehen Sie die Gefahr, dass die Stimmung kippt?

Meister: Die Gefahr besteht, das sagen die Umfragen und das berichten mir auch viele Menschen vor Ort. Gleichzeitig ergeben die Umfragen auch, dass sich über die Hälfte aller Deutschen direkt für Flüchtlinge engagiert. Das ist ein guter Ausgangspunkt für ihre mittel- und langfristige Integration. Das wird aber nur gelingen, wenn wir auch Ängste und Vorbehalte ernst nehmen.

epd: Was macht Ihrer Meinung nach vielen Menschen Angst?

Meister: Fast jeden Tag gibt es neue Prognosen, wie viele Menschen zu uns kommen und Debatten, wie viele wir aufnehmen können. Da kann ich es verstehen, wenn sich Menschen Gedanken machen, wie sich in Zukunft das Zusammenleben in unserer Gesellschaft gestalten wird. Ich denke, dass da auch Unsicherheit eine Rolle spielt: Was sind das für Menschen? Welche Werte waren bisher für sie prägend und passen die zu unseren Werten? Was bedeutet die Aufnahme so vieler für unsere Sozialsysteme? Das sind Fragen, mit denen wir umgehen müssen, um rechten Gruppierungen und Stimmungen keine Anknüpfungspunkte zu bieten.

epd: Die Kirche hat sich klar für die Aufnahme positioniert. Was kann sie tun, um die skeptischen Menschen auf diesem Weg mitzunehmen?

Meister: Unsere Aufgabe ist es, in den kommenden Monaten vermittelnd zu wirken. Wir müssen alle miteinander ins Gespräch bringen: Diejenigen, die hier bei uns Schutz suchen, die Helfer und auch diejenigen, die Angst haben vor Veränderungen. Wenn alle miteinander sprechen, dann ist das ein erster, wichtiger Schritt. Die Flüchtlinge müssen erfahren, was für unser Zusammenleben grundlegend ist. Denjenigen, die ihnen mit Skepsis und Angst gegenüberstehen, müssen wir helfen, besser zu verstehen, was diese Menschen ausmacht. Wenn es nicht mehr anonym um "die Flüchtlinge" geht, sondern wenn ich ein Gesicht und eine Geschichte mit demjenigen verbinde, der jetzt in meiner Nachbarschaft lebt, ist das der beste Schutz gegenüber populistischen Parolen. Kirchengemeinden und Kirchenkreise sind genau die richtige Ebene für Vermittlung, da sie vor Ort wissen, wen man wie ansprechen muss. (epd)
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