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"Bitte helft uns, offen zu bleiben" -

Thu, 22 Nov 2018 14:44:31 +0000 von . Bischofskanzlei

Im Angesicht des Brexit streben die evangelischen Kirchen in Deutschland und die Anglikanische Kirche eine engere Zusammenarbeit an. Das zeigte eine Diskussion in der Marktkirche zum Thema „Over and out? Die Kirchen vor dem Brexit“

„Herzlich willkommen in der Marktkirche in Hannover, im Herzen Europas." So stimmte der Moderator Bernward Kalbhenn die Besucherinnen und Besucher auf das Thema des Abends ein. Unter dem Motto "Over and Out?" diskutierte Landesbischof Ralf Meister am Buß- und Bettag mit seinen Gästen, Archdeacon Colin Williams von der Church of England und dem EU-Abgeordneten Sven Giegold, über die Zukunft der Kirchen in einem auseinander driftenden Europa.

Die Beziehungen zu Großbritannien liegen Meister besonders am Herzen. Er ist Co-Vorsitzender der Meissen Kommission, die die Evangelische Kirche in Deutschland und die Church of England 1991 ins Leben gerufen haben, um einen Beitrag zur Versöhnungsarbeit zwischen England und Deutschland zu leisten. Die Landeskirche Hannover und die englische Diözese Leeds wollen eine Partnerschaft aufbauen. Meister betonte, es brauche Begegnungen von Pastoren, Diakonen und Kirchengemeinden oder Schulklassen. „Dann ist viel getan.“ Mit Blick auf die Abstimmung in Großbritannien sagte er: „Glücklicherweise stehen wir in Deutschland nicht vor einer solchen Frage.“. Es gebe auch in den evangelischen Kirchen in Deutschland einen „nicht unerheblichen Anteil von Menschen, die rechtspopulistisch denken“.

Für die Church of England war Archdeacon Colin Williams nach Hannover gekommen. Er ist leitender Geistlicher der Auslandsgemeinden der Anglikaner in Nord- und Osteuropa. Williams bedauerte, dass etwa zwei Drittel der Kirchenmitglieder in Großbritannien für den Brexit gestimmt haben. Das entspreche dem Abstimmungsverhalten aller über 70-Jährigen, und etwa dort liege auch das Durchschnittsalter der Gemeinden.

Die Kirchenleitung habe zu leise für einen Verbleib in der EU geworben, sie sehe nun selbstkritisch auf das Ergebnis. „Das war ein Scheitern der Kirchenleitung.“ Es sei zu viel über Geld und technische Fragen im Zusammenhang mit der EU gesprochen worden. Die Kirche hätte zum Beispiel betonen müssen, dass Europa auch dank der EU nun über 70 Jahre in Frieden lebe. Williams: „Wir hätten lauter von der Seele Europas sprechen sollen.“ Der Archdeacon appellierte an die Kirchen in Deutschland, sich gerade jetzt um weitere Kontakte zu Gemeinden in Großbritannien zu bemühen. Die Kontakte, die es zum Beispiel zwischen Berlin oder Braunschweig und englischen Diözesen gebe, hätten beiden Seiten viel gebracht. „Bitte helft uns, offen zu bleiben“, appellierte er.

Der Europa-Abgeordnete Sven Giegold (Grüne) rief die EU-Staaten auf, Großbritannien gerade nach dem Brexit fair zu behandeln. Es gebe dort bereits jetzt eine wachsende Zahl von EU-Befürwortern. Wenn in Großbritannien auch künftig zu spüren sei, dass das Land als Partner gewollt sei, hofft er, werde dort auch den Wunsch nach einem Wiedereintritt wachsen.

Giegold sprach außerdem über die Idee, eine Art europäischen Kirchentag ins Leben zu rufen, um den Zusammenhalt auch über die Grenzen der EU hinaus zu steigern. Soziale Medien seien wichtig für die Kirchen. Aber um Gemeinschaft gerade für junge Christinnen und Christen erlebbar zu machen, genügen sie nicht, meint er: „Lasst uns mehr Mut haben, Orte zu schaffen, wo wir uns tatsächlich begegnen können.“

Dirk Altwig

Bericht des Evangelischen Pressedienstes von der Veranstaltung
Quelle: v.l.: The Venerable Colin Williams, Moderator Bernward Kalbhenn, Sven Giegold MEP und Landesbischof Meister
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