© Jens Schulze

Im Wortlaut - „Meine Meinung“

Mon, 08 Jun 2015 10:46:18 +0000 von . Bischofskanzlei

Fragwürdige Geburt

Eine 65-jährige Frau aus Berlin, bereits Mutter von 13 Kindern und sechsfache Großmutter, hat Vierlinge zur Welt gebracht. Die Bilder gehen um die Welt. Bei mir lösen sie unterschiedliche Gefühle aus. Zuerst ist es die Sorge um die Kinder, deren Zustand kritisch ist. Für sie muss jetzt alles medizinisch Notwendige und Machbare getan werden.

Gleichzeitig empfinde ich tiefes Unverständnis für die Verantwortungslosigkeit dieser Mutter, deren Schwangerschaft ein verheerendes Signal aussendet: Wenn es der eigenen Selbstverwirklichung dient und finanziell möglich ist, wird alles, was medizinisch möglich ist, auch realisiert. Weder bei der Mutter noch bei den Ärzten in der Ukraine, die die künstliche Befruchtung durchgeführt haben, scheint es dabei Zweifel gegeben zu haben.

Der Sozialethiker Peter Dabrock spricht zu Recht von einem „realen Horrormärchen“. Die Schwangerschaft wurde durch medizinisch zweifelhafte Methoden ermöglicht, die in Deutschland verboten sind und verboten bleiben müssen. Hinzu kommt: Dass eine Schwangerschaft mit 65 Jahren nach künstlicher Befruchtung ein hohes Risiko für die Säuglinge ist, wird der Mutter bewusst gewesen sein. Dieses billigend in Kauf zu nehmen, zeugt von Ignoranz oder Verantwortungslosigkeit. Noch fragwürdiger wird der Vorgang durch die gezielte mediale Vermarktung. Fernsehsender, die solche Praktiken kofinanzieren, müssen von der Medienaufsicht kritisch befragt werden. Mit dem Kindeswohl hat das nichts mehr zu tun.

Doch die Tragweite der Schwangerschaft der Frau aus Berlin reicht noch weiter: Nach intensiven Diskussionen gibt es einen gesetzlichen Rahmen dafür, unter welchen Umständen die Elternschaft aufgrund künstlicher Befruchtung möglich ist. Hier tut die Humangenetik Gutes. Dieser grundlegende gesellschaftliche Konsens wird jetzt in Frage gestellt; ein ganzer Wissenschaftszweig gerät in Verruf. Das Wunder der Geburt eines Kindes wurde zum Spielball fragwürdiger Selbstverwirklichung, finanzieller Vorteile und wissenschaftlicher Grenzenlosigkeit. Wir brauchen eine Debatte über Grenzen, damit in der Freiheit des Einzelnen nicht die Kostbarkeit des Lebens billig verkauft wird.
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