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Im Wortlaut: Statement für die Evangelische Zeitung – Flüchtlinge in Europa

Fri, 16 May 2014 06:50:21 +0000 von . Bischofskanzlei

Nach dem erneuten Bootsunglück vor der Mittelmeerinsel Lampedusa in dieser Woche gelten bis zu 150 Flüchtlinge als vermisst. Diese wiederholte Tragödie verstärkt die Dringlichkeit des Memorandums, das ein Bündnis von Diakonie Deutschland, Pro Asyl, Paritätischem Wohlfahrtsverband und anderen für ein gerechtes und solidarisches System der Verantwortlichkeit Anfang März vorgelegt hat. Nach bisheriger Asylpolitik weist das Dublin-System den EU-Staaten an den Außengrenzen die Verantwortung für die Asylverfahren zu. Diese werden mittlerweile überproportional beansprucht. Überforderung dieser Länder und zum Teil menschenrechtswidrige Behandlung von Flüchtlingen sind die Folge. Das Memorandum fordert begründet das „Prinzip der freien Wahl des Mitgliedsstaates“, das den Asylsuchenden ermöglicht, selbst zu bestimmen, in welchem Land der EU sie den Antrag auf Schutzgewährung stellen und ihr Asylverfahren durchlaufen möchten. Eine freie Wahl lässt auf eine bessere Integration hoffen. Asylsuchende werden vermutlich eher in die Länder gehen, in denen sie die Unterstützung ihrer dort lebenden Familien und Communities finden. Die sogenannte Sekundärwanderung innerhalb der EU kann vermindert werden. Ein Ausgleichsfonds wird nötig sein, um die gleichmäßige Belastung der Mitgliedsstaaten zu gewährleisten. Ein guter Plan für einen Systemwechsel, der unseren territorialen Sicherheitssehnsüchten viel abverlangt. Doch nach biblischer Erfahrung wird alles menschliches Leben davon geprägt, Fremdling und Gast auf dieser Erde zu sein. Wanderung ist eine Grundbewegung in der Bibel. Die göttliche Zusage, mit den Suchenden unterwegs zu sein, ist eine ständige Herausforderung an unser Handeln. Dass in der Bibel immer wieder aufgefordert wird, gastfrei zu sein und Fremde zu beherbergen, deutet an, wie schwer wir uns mit grenzenloser Gastfreundschaft tun. Doch die Aufgabe, Fremdheit zu überwinden, phantasievoll zu denken und zu handeln, ist ein beständiger biblischer Anspruch an unsere Menschlichkeit.

Veröffentlicht in der Evangelischen Zeitung 20/2014

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