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Bergen-Belsen: Ein Ort der Schulderkenntnis

Wed, 15 Apr 2020 07:17:35 +0000 von . Bischofskanzlei

Zum 75. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers

In diesem Jahr prägen außergewöhnliche Erinnerungen unser Land. Die Befreiung der Konzentrationslager vor 75 Jahren gehören für mich zu den wichtigsten Gedenktagen.

Zwei Generationen später schauen wir auf diese Orte, die Zeugnis unmenschlichster Verbrechen waren. Sie legen Zeugnis ab von einem menschenverachtenden Terrorregime. Mir sind diese Stätten bis heute nicht nur Mahnungen und darin auch Bildungsorte, es sind bleibende Wundmale in unserem Land. Im Umgang mit ihnen wird sich bewähren, wie lernfähig wir sind. In Niedersachsen wären wir in diesen Tagen, auch mit Überlebenden, persönlich zusammengekommen, um des 75. Jahrestages der Befreiung des Konzentrationslagers Bergen-Belsen zu gedenken. 

Es ist unsere Aufgabe als Kirche, solche Erinnerungen zu bewahren. Wenn wir für den Zusammenhalt der Gesellschaft Verantwortung übernehmen, dann gehört eine fortwährende Auseinandersetzung mit den dunkelsten Kapiteln der Menschheitsgeschichte, der Shoa, dazu.

Bergen-Belsen ist für das Denken und Handeln der Kirche ein beständiges Zeichen.

An diesen Orten suchen wir nach den Lehren aus der Vergangenheit, um die Gegenwart zu gestalten. Dabei stellen sich Fragen: In welcher Weise waren theologische Überzeugungen Steigbügelhalter für den modernen Antisemistismus? Wie wurden antijüdische Schriften Martin Luthers benutzt, um den eigenen Rassenhaß zu begründen? Wie klar war die Kirche in der Aufarbeitung dieser Untaten? Benannte sie Verantwortliche, widersprach den Leugnern und mühte sich offensiv um Versöhnung? 

An diesen Orten erkennt die Kirche ihre Schuld in der Ausgrenzung, Verfolgung und Ermordung von Jüdinnen und Juden.

Wenn wir an die Verbrechen der Nationalsozialisten erinnern, dann tun wir das auch, um in unseren Gemeinden, Familien und Schulen demokratische Werte zu stärken. Freiheit, Gleichheit und ein festes Band der Solidarität sind Werte, die wir im christlichen Glauben als Auftrag für die Gestaltung unseres Miteinanders erfahren. 

„Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus“, schreibt der Apostel Paulus an eine der ersten christlichen Gemeinden (Gal 3,28). 

Der Auftrag, den diese Wundmale uns ins Leben schreiben, währt fort. Wir leben in der Bewährung.

Ralf Meister 
Quelle: Jens Schulze
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