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Ein "Prototyp" wird 60 Jahre

Fri, 06 Mar 2015 14:06:16 +0000 von . Bischofskanzlei

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und Landesbischof Ralf Meister haben den vor 60 Jahren geschlossenen «Loccumer Vertrag» zwischen dem Land und den Kirchen gewürdigt. «Die Grundlage des Loccumer Vertrages ist so klar, vernünftig und erfolgreich, dass ich niemanden wüsste, der daran ernsthaft rütteln möchte», sagte Weil in einem gemeinsam mit Meister geführten Interview des Evangelischen Pressedienstes (epd). Der Vertrag sei der «Prototyp» für viele andere Staatskirchenverträge in Deutschland gewesen.

Der Loccumer Vertrag regelt die rechtlichen Beziehungen zwischen dem Land Niedersachsen und den fünf evangelischen Landeskirchen. Er wurde am 19. März 1955 im Kloster Loccum bei Nienburg unterzeichnet. Zentrale Inhalte sind der Öffentlichkeitsauftrag der Kirchen, der Einzug der Kirchensteuern durch den Staat sowie Einzelfragen von Kultur, Bildung und Soziales. Die Landesregierung plant für den 23. Juni einen Festakt zum 60-jährigen Bestehen des Vertrags.

«Das Land wünscht sich eine Kirche, die nicht in sich selbst ruht, sondern aktiver Teil der Gesellschaft ist und Verantwortung übernimmt», sagte Weil. «Ich möchte keinen Staat, der den Anspruch hat, alles zu regeln, alles besser zu wissen.» Für das Land seien die Kirchen als Partner unverzichtbar. Als Beispiel nannte Weil das Thema Flucht und Asyl: «Ohne die Anstrengungen der Diakonie oder das Engagement vieler Kirchengemeinden könnten wir mit dieser Aufgabe kaum fertig werden.»

Skeptisch äußerte er sich jedoch zum Kirchenasyl, bei dem abgelehnte Asylbewerber befristet Zuflucht in Kirchen suchen, um einer Abschiebung zu entgehen und ihr Verfahren neu aufzurollen. Entscheidungen über das Bleiberecht würden am Ende von den staatlichen Behörden unter gerichtlicher Kontrolle getroffen, betonte der Regierungschef.

Landesbischof Meister verteidigte dagegen das Kirchenasyl. «Wir intervenieren nur bei einer sehr drängenden menschlichen Notlage, unter anderem auch, um den Staat an seine Rechtsverpflichtung zu erinnern.» Die Kirche sei sich dabei bewusst, dass sie keine eigene Rechtssystematik aufbauen könne.

Meister verwies auf die historische Bedeutung des Loccumer Vertrags, der zehn Jahre nach dem Ende der NS-Herrschaft entstanden sei: «Er kommt aus einem System, in dem der Staat versucht hatte, die Kirchen klein zu machen und zu unterdrücken.» In Loccum hätten 1955 alle Beteiligten deutlich gemacht, dass sie für die Zukunft ein anderes Modell wollten: «Eines, in dem die Kirche für Werte- und Urteilsbildungen eine eigene Stimme hat.» (epd)

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