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Positionen

Sexueller Missbrauch in der Kirche - Statement zum Abschlussbericht Aufarbeitungskommission Oesede

Am 27. Februar hat die Unabhängige Aufarbeitungskommission Oesede ihren Abschlussbericht vorgelegt. Das Landeskirchenamt hatte die Kommission im September 2022 mit der Aufarbeitung auf Antrag des Kirchenkreises Melle-Georgsmarienhütte beauftragt . Ich danke Frau Prof. Dr. Paul und Herrn Dr. Rosenbusch für die Erarbeitung des Berichts und die Ergebnisse, die sie vorgelegt haben. 

Wir haben sowohl nach der Veröffentlichung der ForuM-Studie als auch dem Aufarbeitungsbericht zu Oesede überprüft, welche Konsequenzen wir aus den Fehlern ziehen, die wir zu verantworten haben. 

Mehr denn je stehe ich in der Verantwortung, dass die Empfehlungen und die daraus folgenden Konsequenzen dieses Berichtes in unserer Landeskirche zügig und konsequent umgesetzt werden. 

Ich teile die Einschätzung der Kommission für die drei Zeitpunkte: Der Umgang mit der Betroffenen in den 1970-er Jahren und die Vertuschung durch die damals Verantwortlichen in Kirchengemeinde und Kirchenkreis sind verheerend. Ebenso wurden 2010 wie 2020 durch die Evangelisch-Lutherische Landeskirche schwerwiegende Fehler gemacht. Ich persönlich habe von dem Fall L.M. und den Ereignissen in der König-Christus-Gemeinde in Oesede im Jahr 2020 erfahren. 

Ab 2011 betreffen die Fehler auch mich als Landesbischof. Nachdem ich noch vor Dienstantritt erste Gespräche mit einer betroffenen Person geführt habe, war es nach meinem Dienstbeginn eine Entscheidung mit dem Kolleg und den damals Zuständigen, dass künftig alle Kontakte mit Betroffenen ausschließlich über das zuständige juristische Dezernat und die damals zuständigen Personen laufen. Ich war damals davon überzeugt, dass dieser Weg klarer und hilfreicher für Betroffene sei.

Diese Entscheidung war keine dienstrechtliche Verfehlung, aber sie war unsensibel und falsch. Ich habe damit dazu beigetragen, dass Betroffene weiterhin nicht angemessen gehört wurden. Es war ein Fehler, betroffene Personen durch mein Büro an die damals zuständigen Personen verwiesen zu haben. 

Ich habe bereits begonnen, wieder Gespräche mit Betroffenen zu führen und stehe auch weiter für Gespräche bereit. 

Darüber hinaus haben wir erste Konsequenzen und konkrete Maßnahmen entwickelt. Seit Veröffentlichung der ForuM-Studie melden sich deutlich mehr Betroffene als zuvor bei unserer Fachstelle und auch bei Ansprechpersonen in den Kirchenkreisen. Diese Menschen geben uns damit einen großen Vertrauensvorschuss. 
Die personelle Ausstattung unserer Fachstelle wird nach 2021 erneut erweitert: Es wird eine weitere Stelle im Bereich der Prävention geben und im Bereich der Aufarbeitung. Zudem wird die juristische Stelle innerhalb der Fachstelle neu besetzt. Die Leitungsstelle der Fachstelle wird künftig eine 100%-Stelle sein und wird mit Gaststatus an allen Sitzungen des Kollegiums des Landeskirchenamtes teilnehmen. So ist sichergestellt, dass alle Abteilungsleitenden im Landeskirchenamt immer auf dem aktuellen Stand unserer Arbeit in diesem Bereich sind und für die entsprechende Umsetzung in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich Sorge tragen.

Die Fachstelle ist Stabsstelle bei der Präsidentin oder dem Präsidenten des Landeskirchenamts. Die Zuständigkeit war bisher delegiert an den Leiter der Rechtsabteilung. Künftig wird der Präsident oder die Präsidentin des Landeskirchenamts direkt die Verantwortung für die Fachstellen übernehmen. Und er wird damit auch ein Controlling für die Einhaltung von Prozessen gewähren. Eine Verortung innerhalb des Landeskirchenamts erscheint uns weiterhin notwendig, damit die Mitarbeitenden der Fachstelle vollen Zugriff auf die Strukturen des Landeskirchenamts haben, etwa, was den ungehinderten Zugang zu Akten betrifft Diese Maßnahmen sind in Abstimmung mit der Fachstelle in unserer Landeskirche erfolgt. Das Ziel muss bleiben, dass die Aufarbeitung die Anerkennung des Leids gewährt und die Rechte und Unterstützung betroffener Personen gestärkt werden. 

(Statement auf der Pressekonferenz am 15. März 2024. Weitere Maßnahmen haben u.a. Vizepräsident Dr. Ralph Charbonnier und LSA-Vorsitzender Jörn Surborg vorgestellt). 

Proteste der Landwirt*innen

Die Kfz-Steuerbefreiung für land- und forstwirtschaftlich genutzte Fahrzeuge sowie die Agrardieselbeihilfe sind, so wie unsere Landwirtschaft heute funktioniert, wichtige Bausteine, um den wirtschaftlichen Einsatz der für die Arbeit notwendigen Fahrzeuge zu ermöglichen. Mit friedlichem Protest - und nur so - auf die eigene Situation und die Folgen von politischen Entscheidungen auf sich aufmerksam zu machen, ist ein gutes Recht in unserer Demokratie. Gleichzeitig ist es wichtig, bei Protesten keine rechtlichen Grenzen zu überschreiten und darauf zu achten, dass keine demokratiefeindlichen Kräfte den Protest ausnutzen und unterwandern. Andernfalls diskreditieren die Landwirte sich und ihre berechtigten Anliegen.

Mehr soziale Diversität

Die Kirche war und ist ziemlich bürgerlich geprägt – und das sollten wir als kritische Anfrage an uns verstehen. Teilhabe am kirchlichen Leben ist keine Frage von Bildungsabschlüssen und sozialem Status. Dass in ärmeren, nicht-akademischen Milieus überdurchschnittliche Distanz zur Kirche besteht, ist keine neue Erkenntnis. Bestimmte Gruppen, etwa die Arbeiterschaft, hat die Kirche schon im ausgehenden 19. Jahrhundert verloren.
In vielen Kirchengemeinden gibt es Aufbrüche, um mit gemeinwohlorientierten Angeboten mit Menschen unterschiedlichster Milieus in Kontakt zu kommen. Viele Gemeinden machen ganz lebenspraktische Angebote – von Suppenküche über Energieberatung bis Schreibworkshop. Damit erreichen sie Menschen, die womöglich niemals in einen klassischen Gottesdienst gehen würden. Zugleich erleben wir auch Gottesdiensten immer wieder unverhoffte Begegnungen.
Vergessen wir nicht die hervorgehobene Rolle, die Menschen niedrigerer sozialer Schichten in den Anfängen des Christentums hatten. Jesus selbst war Sohn eines Handwerkers. Er suchte die Nähe zu einfachen, offenherzigen Menschen, er widmete sich sozial Geächteten und lebte in Distanz zu den gesellschaftlichen Eliten.

Migrationsbewegungen

Ich höre die sorgenvollen Stimmen aus den Kommunen und von Landräten, und wir müssen angemessene, menschenwürdige Lösungen finden. Doch ich wage einen Blick über die kurzfristige realpolitische Perspektive hinaus. Es zeigt sich, dass wir angesichts von Klimawandel, wachsender Weltbevölkerung und schwieriger wirtschaftlicher Perspektiven im Globalen Süden erst am Anfang viel größerer Migrationsbewegungen stehen. Gegen die wird uns keine abgeschottete Grenze sichern können. Wir werden uns ehrlich mit diesen gigantischen Herausforderungen und ihren Konsequenzen für unsere eigene Lebensweise auseinandersetzen müssen. Wer glaubt, dass schärfere Gesetze und geschlossene Grenzen das Problem dauerhaft lösen, macht sich falsche Hoffnungen.

Antisemitismus 2023

Der Antisemitismus ist eine Geißel der Menschheit, ein Urbild von Verachtung und Erniedrigung, das tief in vielen Menschen wurzelt, obwohl sie keine persönlichen Erfahrungen mit Menschen jüdischen Glaubens gemacht haben. Das beste Rezept, diese irrationale Hassfantasie zu überwinden, ist Begegnungskultur. Wir sollten Jüdinnen und Juden mit Offenheit und Neugier begegnen, wir sollten das Land Israel bereisen und jüdische Feste besuchen wie jüngst das Entzünden der Kerzen zu Chanukka. Diese konkreten Erfahrungen von Mensch zu Mensch halte ich für mindestens ebenso wichtig wie Bildungs- und Aufklärungsmaßnahmen.

Gottesdienst muss ins Zentrum

In allen Fusionsplänen und Verbindungen von Kirchengemeinden der Gottesdienst, in welcher Form auch immer, muss der Gottesdienst ins Zentrum rücken, nicht als ferne, sondern als die schon jetzt bestehende und immer bleibende Verbindung zwischen uns. Vor allen Jahresbilanzen, Gemeindehausverkäufen oder gar Kirchenentwidmungen. Vor allem anderen sind die Gottesdienste unser öffentlicher, geistlicher Ausdruck über den, dem wir das eigene Leben, das Leben unserer Kirche, das Leben dieser Welt verdanken. Nichts unterbricht uns so konsequent wie das Gebet. Keine gute Tat ohne Gebet, keine Grundsteinlegung ohne Gebet, kein Kirchenjubiläum, keine Tagung der Landessynode ohne Mittags- und Abendgebet, ohne Andachten, keine Mitarbeiterinneneinführung oder Verabschiedung ohne Gottesdienst; auch keine Krönung. Gewiss, nicht jeder Gottesdienst wird alle erreichen und für alle verständlich sein. Er ist – von außen gesehen und in den messbaren Kategorien der Soziologie – schon lange nicht mehr das verbindende Zentrum des Gemeindelebens, sondern eine Zielgruppenveranstaltung wie andere Veranstaltungen auch. Aber auch das gehört für mich zu der genannten Ambivalenz. Der Gottesdienst bleibt die substanzielle Ausdrucksform unserer Gemeinschaft.

Aus dem Bericht des Landesbischofs zur VIII. Tagung der 26. Landessynode am 12. Mai 2023

Abschaltung der Atomkraftwerke in Deutschland

Die Atomkraft als Technologie zur Energiegewinnung dient nicht dem Leben. Sie wird immer eine unbeherrschbare Gefährdung für unsere Schöpfung bleiben. Die negativen Folgen dieser Technologie werden noch viele Hunderte Generationen nach uns spüren. 
Die Abschaltung der letzten Atomkraftwerke in Deutschland ist deshalb auch unter den aktuellen Umständen richtig, denn die politische Entscheidung entstand unter dem Eindruck des katastrophalen Unfalls im Atomkraftwerk in Fukushima. Ich bin dankbar, dass unser Land diesen konsequenten Weg des Ausstiegs, anders als viele andere Länder, bis heute gegangen ist. Der alleinigen Nutzung regenerativer Energien muss die Zukunft gehören.
13. April 2023

Ein Jahr Krieg in der Ukraine

„…dass Gerechtigkeit und Friede sich küssen“ heißt es in Psalm 85,11. Ein Bild aus der hebräischen Bibel, das in diesen Zeiten in den Kirchen oft wachgerufen wird. Gerechtigkeit und Frieden werden sich küssen. Das klingt gut. 
Zugleich ist es meilenweit von unserer Wirklichkeit entfernt. Vor kurzem habe ich gelernt, dass man das hebräische Wort für „küssen“ auch anders übersetzen kann: Statt „küssen“ heißt es dann „miteinander ringen, kämpfen“. Das passt. Das ist die Lage, in der wir sind. Ein Ringen um die richtige Lösung. Wir erleben, wie tapfer und verzweifelt gerungen wird, nicht nur an der Front, in den Häusern und im Aufrechterhalten der Infrastruktur, sondern auch in der Politik und der Diplomatie, in unseren Diskussionen und Gesprächen untereinander. Wie können Gerechtigkeit und Frieden zusammenkommen? Kann einem Aggressor, der Völkerrecht bricht, der Kriegsverbrechen verübt, das Feld überlassen werden? Kann ein Diktator weiter sein brutales Handwerk treiben, ohne ihn einzugrenzen, zu bekämpfen, damit es Gerechtigkeit gibt?
Es geht um Forderungen und Zugeständnisse. Der Stellungskrieg wird an der Front geführt, aber auch in Positionen. Wieviel Bewegung ist nötig? Wie weit müssen wir abrücken von unseren jahrelangen pazifistischen Grundüberzeugungen? Wer kann etwas bewegen? Und was ist überhaupt möglich, damit das Töten endlich ein Ende hat? 
Kämpfen, ringen – und küssen. Wie weit ist das voneinander entfernt. Und wie nah liegt das gleichzeitig beieinander. Das ist die Gefahr. Und das ist zugleich die Hoffnung, auf die wir setzen. 
Denn Frieden und Gerechtigkeit gehören zusammen. Eines gibt es nicht ohne das andere. In der Präambel der UN-Charta sind Gerechtigkeit und Frieden aufeinander bezogen. Diese Beziehung gewinnt Gestalt, wenn wir uns einüben in Duldsamkeit und gute Nachbarschaft und alle Kräfte zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit verbinden. 
Einen Frieden ohne Gerechtigkeit gibt es nicht. Aber Gerechtigkeit geschieht niemals im Krieg, im größten menschlichen Verbrechen. Friede muss wieder sein! Friede muss wieder werden! 
Wir stehen an der Seite der Vielen, die leiden, die Angst haben und in Sorge sind. Wir zeigen ihnen unsere Anteilnahme und schenken ihnen unsere Solidarität. Und wir richten unseren Appell an die Kriegstreiber und Schreckensverursacher: Es ist Zeit, dass wieder Licht aufgeht auf den Schlachtfeldern. Es ist Zeit für neue Hoffnung. Gebt dem Frieden und der Gerechtigkeit eine Chance!

Allgemeine Impfpflicht

Landesbischof Ralf Meister hat sich für eine allgemeine Corona-Impfpflicht ausgesprochen. Angesichts der aktuell dramatischen Pandemie-Situation, „die zunehmend auch wieder geimpfte Menschen gefährdet und die gesellschaftliche Solidarität an die Grenzen der Belastbarkeit führt“, sei eine mit der Impfpflicht verbundene Begrenzung von Freiheitsrechten vertretbar, sagte der Bischof in Hannover am Rande der evangelischen Landessynode.
„Ich hoffe, dass Politik zügig über diesen Schritt nachdenkt“, betonte Meister, der auch Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) ist. Eine Impfpflicht sei ein „deutliches Zeichen für den Gemeinsinn“, das einzig die Politik setzen könne.
Noch vor wenigen Monaten sei er zuversichtlich gewesen, dass die Impfquote mit flächendeckenden Impfangeboten und ausdauernder Überzeugungsarbeit weit über 80 Prozent der Menschen erreichen würde, sagte Meister. Diese Hoffnung habe sich nicht bestätigt. Auch deshalb sei eine Impfpflicht „wahrscheinlich der einzige Weg“.
Zugleich mahnte der Bischof, dass die Rolle der Kirchen in der Impfdebatte sich nicht nur auf den Ruf nach gesellschaftlicher Solidarität und die Bereitschaft zur Impfung beschränken dürfe. Zugleich müssten Menschen ernstgenommen und begleitet werden, die der Impfung noch ängstlich oder skeptisch gegenüberstünden. „Unsere Verantwortung liegt auch darin, einer weiteren gesellschaftlichen Spaltung entgegenzuwirken“, unterstrich Meister.

epd Niedersachsen-Bremen am 25.11.2021

Sterben und Tod

Die größte Angst der meisten Menschen ist die Angst vor dem Tod. Nachdenken über gutes Sterben ist deshalb ein lebenslanges Nachdenken bis zu meinem Ende. Mein Leben wird von Gott und mehr oder weniger behutsam von Mitmenschen und Widerfahrnissen geführt. Aber ich führe es bis in die letzte Sekunde hinein auch selbst. Ich bin dankbar für die heute mögliche Pallativversorgung und das Hospizwesen. Das sind wichtige Zeichen einer barmherzigen, liebevollen Begleitung im Sterben. Gutes Sterben kann dann gelingen, wenn wir auch im Sterben nicht voneinander weichen. Die biblischen Erzählungen von Weihnachten und Ostern nehmen diese lebenslange existentielle Verankerung auf. Sie spannen den Bogen über Geburt und Tod als die Koordinaten, in denen sich christlicher Glaube bewegt. Wenn wir als Christinnen und Christen von Auferstehung sprechen, geht um die Überwindung der Todesangst durch Gott selbst. Daraus will Kraft wachsen, das Leben und das Sterben neu zu sehen. 

Zur Veröffentlichung der Teilgebiete bei der Endlagersuche

Eine breite gesellschaftliche Beteiligung am weiteren Prozess der Suche nach einem Endlager für hochradioaktiven Atommüll ist nötig. Jetzt muss sich zeigen, ob die Öffentlichkeit angemessen beteiligt wird und die Glaubwürdigkeit in diesem Verfahren erhalten bleibt. Nur ein wissenschaftlich fundiertes und öffentlich begleitetes Verfahren kann sicherstellen, dass eine Lösung gefunden werde, die auf die erforderliche gesellschaftliche Akzeptanz trifft.
Die Endlagerung von Atommüll ist eine Verpflichtung über viele Generationen hinweg. Der Mensch muss dauerhaft Verantwortung für das übernehmen, was er der Schöpfung angetan hat. Wenn wir diese Verantwortung wirklich ernst nehmen, habe ich Zuversicht, dass wir einen geeigneten Endlager-Standort finden werden.

Zum mutmaßlich rassistisch motivierten Anschlag in Hanau vom 19.02.20

In Entsetzen, tiefem Erschrecken sind wir nach den Ermordungen in Hanau. Unsere erste Aufgabe ist das Gedenken an die Toten und Verwundeten. [...] Dann jedoch auch die Stärkung aller bestehenden Allianzen , die sich positiv zu einer Kultur stellen, die Vielfalt nicht als Verlust, sondern auch als Herausforderung und Chance begreifen. [...]
Ich glaube, wir müssen auch innerhalb unserer Kirchengemeinden vor Ort diese Frage offen the-matisieren. Nicht nur in den Fürbitten im Gottesdienst, sondern auch in Diskussionen in unseren  Kirchenvorständen oder Kirchenkreissynoden. (Bericht zur I. Tagung der 26. Landessynode,  21.02.20)

Ökumenische Gemeinden

 Wir brauchen Gemeinden, die eine ökumenische DNA haben, die in ihrem Wesen ökumenisch sind.  ... Viele Menschen fragen nicht mehr danach, ob jemand evangelisch oder katholisch sei, sondern nur ob er Christ, Christin sei.
Kirchenrechtlich und dogmatisch sind noch viele Fragen offen. Doch wenn wir zuerst auf die Formalitäten schauen, können wir solche Projekte wie ökumenische Gemeinden sofort beerdigen. Warten wir nicht auf Bischöfe und Bischöfinnen, sondern erkennen, wie Menschen begeistert ökumenische Gemeinschaft leben. (Gastbeitrag für die Nachrichtenagentur idea, 15.01.2020)

Brexit

"Die Sprache der Einheit in Europa ist zu einem gewissen Grad ersetzt worden durch Populismus und Nationalismus, durch Trennung statt Wiedervereinigung. Wir als Christen müssen uns diesen Tendenzen widersetzen. Im Namen der EKD sage ich: Wir sind und wir werden starke Partner der Church of England bleiben. Wir leben dafür, die Spaltung zwischen unseren Kirchen zu überbrücken." (Grußwort beim Treffen der Generalsynode der angelikanischen Kirche, 05.07.2018)

Europa

"Europa ist eine Frage der Haltung. Es geht darum, nationale Interessen zurückzustellen und schwächere Länder zu unterstützen. Der Wert eines friedlichen, freiheitlichen, demokratischen und rechtsstaatlichen Verbandes ist unschätzbar."

 "Die Europäische Union verrät in ihrer systematischen Abwehr von Flüchtlingen ihren humanitären Wertekonsens. Menschen, die Hilfe leisten, werden als Verbrecher behandelt. Das Koordinatensystem von gut-und-böse ist gefährlich verschoben worden. Was geschieht, wenn Hilfe eine Straftat wird und die Ignoranz akzeptierte Gewohnheit ist?" (Predigt auf dem Deutschen Evangelischen Kirchentag in Dortmund, 20.06.2019)

Jugend für Klimagerechtigkeit

Ich bin aus einer Generation, die zu wenig getan hat.
Ich bin aus einer Generation, die lange ignorierte, was auf dem Spiel steht.
Ich bin aus einer Generation, die nicht verstand, dass der Klimawandel DIE entscheidende Herausforderung des 21. Jahrhunderts ist.
Ihr seid Teil der weltweit größten, friedlichen Jugendbewegung, die es jemals gegeben hat. Macht weiter! [...]
Früher lernten die Jungen von den Alten. Ihr zeigt uns, dass inzwischen die Alten von den Jungen lernen müssen. (Globaler Aktionstag für Klimagerechtigkeit, Sternmarsch in Hannover, 20.09.19)

Greta Thunberg und die vielen Schülerinnen und Schüler und Studentinnen und Studenten haben in den letzten zwölf Monate geschafft, was in den Jahren zuvor kaum gelang: Den Klimawandel und seine Auswirkungen an unsere Frühstückstische und in das Gartenzaungespräch zu bringen. 
So wichtig politische Debatten und Entscheidungen sind, so wichtig ist auch mein Verhalten. Es geht um die eigene Glaubwürdigkeit.  „Nach mir die Sintflut“ ist keine Option.  
("Zwischenruf" im NDR, 15.09.19)

Organspende

"Die Frage der Organspende ist eine höchst persönliche und emotionale. Es ist eine Entscheidung, die in die tiefsten Schichten der menschlichen Seele hinuntersteigt. Sie fragt nach meinem Ende, dem Tod und kann Angst auslösen.
Deshalb ist aus meiner Sicht der Weg des Ministers Spahn, die Widerspruchlösung, falsch. Bei einer Organentnahme muss ich selbst zu Lebzeiten aktiv „ja“ sagen. Ich allein muss in Verantwortung vor Gott und den Menschen frei entscheiden, ob Organe und Gewebe entnommen werden.Deshalb habe ich selbst in meinem Portemonnaie auch einen Organspendeausweis." (Gastkommentar in den Zeitungen der Madsack Mediengruppe, 10.09.2018)

"Schweigen, Vergesslichkeit, Unordnung, Langeweile oder Ignoranz sind keine Zustimmung. Es ist die höchste Aufgabe des Staates, die Würde des Menschen zu schützen. Darum darf er ohne eine bewusste Zustimmung der Menschen nicht in diesen sensiblen Bereich eingreifen. Wenn wir aufhören, den toten Menschen als Person zu beschreiben, ist er nur noch Objekt." (Podiumsdiskussion mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn am 22.02.19 in Hannover) 

Black Friday

Ballast abwerfen, mit leichtem Gepäck durchs Leben gehen und alles, was man nicht mehr braucht, einer sinnvollen Weiterverwertung zuführen - das scheint eine große Sehnsucht unserer Gegenwart zu sein. 
Was besaßen unsere Urgroßeltern und Großeltern? Wieviel unsere Eltern, die Kriegskindergeneration? Wieviel besitzen wir heute? Die meisten von uns vermutlich deutlich mehr als 10.000 Dinge. Macht das glücklich? Das, was unsere Vorväter und -mütter antrieb, waren oftmals andere Dinge. Sei es die Hoffnung, dass der Krieg nun endlich vorbei geht , sei es, dass man eine Heimat, ein Zuhause findet. Gewiss war es nicht die Sehnsucht nach einem schwarzen Freitag, an dem man kaufen kann, was man noch nie brauchte. Die größte sinnlose Verkaufsaktion weltweit, der schwarze Freitag, an der zig-Millionen Menschen Dinge kaufen, die sie nicht glücklicher machen werden. (Predigt zum 50. Gemeindetag in Hambühren, 01.12.2019)

Onlinehandel und Sonntagsschutz

"Was schafft die automatisierte Ökonomisierung an Schaden für unsere Gesellschaft? Welche Widrigkeiten schafft sie, die wir womöglich nicht einfach so hinnehmen können? Zu überlegen wäre, ob man dann einschreiten sollte, wenn die Sonntagsbestellung am Computer dazu führen sollte, dass an diesem Sonntag auch irgendwo ein Mitarbeiter die Ware heraussuchen, verpacken und versandfertig machen muss. Dann hätte der Internethandel Sonntagsarbeit zur Folge, das wäre nicht zu tolerieren." (Interview mit dem Politikjournal "Rundblick", 13.02.19)

Kindersoldatinnen und -soldaten

"Minderjährige sollten in keinem Land der Welt Soldatinnen und Soldaten sein – das gilt auch für Deutschland. Von daher sollte das Bundesverteidigungsministerium die sehr offensive Werbung für den Soldatenberuf unter Jugendlichen sehr kritisch überdenken.“ (Statement zum Red Hand Day am 12.2.19)

Sexueller Missbrauch

"Die Täter haben Grundgefühle des Miteinanders, das wir in Gesten und Zuneigung ausgedrückt haben, unter Generalverdacht gestellt. Das hat Auswirkungen darauf, wie sich momentan Erwachsene und Kinder begegnen. Dies ist ein globaler Kollateralschaden. Aus dieser Situation werden wir uns nicht mehr befreien können, und das erfüllt mich mit Sorge.“

(Gemeinsames Interview mit Bischof Heiner Wilmer, epd 23.10.2018)

Schöpfung, Landwirtschaft und Tierwohl

Lebensmittel im Einklang mit der Schöpfung produzieren

"Ich erkenne dankbar den hohen Einsatz aller Landwirte, die sich für ein höheres Tierwohl einsetzen. Alle Anstrengung für eine tiergerechte Aufzucht muss auch vom Konsumenten durch einen angemessenen Preis für das Produkt honoriert werden. Für mich stellt sich grundsätzlich die Frage, wie eine Einstellung in unserer Gesellschaft wächst, die um die Endlichkeit der Erde weiß und erkennt, dass uns die Schöpfung geschenkt ist? Das ist nicht zuerst eine ökologische oder soziale, es bleibt eine geistliche Frage." (Statement anlässlich eines Besuchs in einem sogenannten "Schweine-Aktivstall" in Hilter am Teutoburger Wald, 11.09.2018)

Verzicht in der Passionszeit

"Ich verzichte in der Passionszeit auf Fleisch. Zeitweilig auf Fleisch zu verzichten ist in Niedersachsen für mich ein besonders Zeichen. Das Land lebt stark von der Fleischproduktion. Im Schnitt essen die Deutschen mehr als 60 Kilo Fleisch pro Jahr. Ich bin noch groß geworden mit der klassischen Aufteilung: Fleisch gab es sonntags oder zu Festtagen. In der Woche Fleisch zu essen war eine große Ausnahme. Da ist es wichtig, auch mal Verzicht zu üben und sich zu überlegen: Ist das Ausmaß meines aktuellen Fleischkonsums eigentlich gut so. Die Art und Menge der Fleischproduktion ist so nicht zukunftsfähig. Wir werden die wachsende Weltbevölkerung mit dieser Form der Fleischerzeugung nicht satt bekommen, ohne das Ökosystem der Erde massiv zu schädigen. Ich nehme an vielen Gesprächen mit Landwirten teil. Gerade Verbandsvertreter sagen mir: Der Strukturwandel wird weitergehen, und weitere Schritte sind notwendig. Dabei darf allerdings die Existenz der Landwirte nicht gefährdet werden."

Flucht und Asyl

Einwanderungsgesetz

"Wir brauchen endlich ein vernünftiges Einwanderungsgesetz. Wir müssen qualifizierten Menschen einen Weg ins Land ermöglichen, der sie nicht in Schlauchbooten übers Mittelmeer zwingt. Derzeit müssen Menschen auch aus demokratischen Musterländern in Afrika einen Asylantrag stellen, wenn sie zu uns kommen wollen, weil sie gar keine andere Möglichkeit haben – das ist doch widersinnig." (Interview mit der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung, 13.07.2018)

Masterplan Migration des Bundesministeriums des Inneren, für Bau und Heimat

"Der jetzt vorgestellte Masterplan von Bundesinnenminister Horst Seehofer geht fast ausschließlich von Fragen der inneren Sicherheit und der Sicherung von Grenzen aus. Die globale Dimension des Themas greift er kaum auf.

Migration wird das wichtigste globale Thema im 21. Jahrhundert sein. So hoch kann man Mauern und Zäune gar nicht bauen, dass wir verzweifelte Menschen in Not abhalten können, zu uns zu kommen. Solche Masterpläne suggerieren Sicherheitsideale, die sich nicht einlösen lassen." (Interview mit der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung, 13.07.2018)

Taufe von Geflüchteten

"Wir müssen sensibel mit dem Taufbegehren von Flüchtlingen umgehen und uns unserer besonderen Verantwortung bewusst sein. Die Aufgabe der Kirchengemeinden ist es, die Taufbewerber zu begleiten und zu unterrichten: in ihrer Hinwendung zu Christus und zum Glauben; in ihrem Wachstumsprozess im Glauben und darin, in der Gemeinschaft einer Ortsgemeinde ein geistliches Zuhause zu finden. Gibt es tatsächlich die Bereitschaft des Taufbewerbers, in einer christlichen Gemeinde zu leben? Es ist notwendig, die jeweilige Lebenssituation genau zu kennen. Das Kennenlernen findet zu beiden Seiten statt. Menschen, die die Taufe begehren, benötigen viel Zeit."

Kirchenasyl

"Kirchenasyl ist ein offensichtlich noch notwendiger Schutzraum für Menschenrechte. Es wird nur gewährt, wenn jemand trotz aller staatlichen Gesetze und Hilfen von Abschiebung, menschenunwürdigen Umständen oder Lebensgefahr bedroht ist.

Kirchenasyl wendet sich nicht gegen den Rechtsstaat, sondern erinnert diesen an das grundgesetzlich verankerte Recht auf Menschenwürde, Freiheit und körperliche Unversehrtheit. In den meisten Fällen kann den Menschen in einem Kirchenasyl durch eine erneute Überprüfung ihres Schutzbegehrens geholfen werden."

Mehr zum Kirchenasyl

Aufnahme von Flüchtlingen in Niedersachsen

"Niedersachsen hat vielfältig und mit außerordentlichem Engagement auf die Menschen in Not, die Aufnahme in unserem Land erbaten, reagiert. Das Bündnis "Niedersachsen-packt-an" ist Ausdruck einer gemeinsamen Haltung, die Menschen verbindet. Sie macht sie widerständig gegen fahrlässige Argumente, die die Humanität in unserem Land bedrohen. Wir brauchen gerade in unruhigen Zeiten eine öffentliche Vergewisserung, die Haltungen in unserer Gesellschaft stabilisiert. Mit der Initiative Niedersachsen-packt-an ist es allen Beteiligten gelungen, in einer kritischen Phase unseres Landes, bei der Aufnahme von Flüchtlingen, ein gutes Beispiel zu setzen. Ich hoffe sehr, dass der bei Niedersachsen-packt-an gelungene Schulterschluss über das aktuelle Geschehen hinausreicht und den vor uns liegenden Integrationsprozess weiter vorantreibt." (Statement zum Tag des Flüchtlings 2017)

Fluchtursachen

"Lampedusa entscheidet über die Humanität in Europa. Wir dürfen uns nicht an den Grundkonflikt einer globalen Ungerechtigkeit gewöhnen. Die Menschen in den südlichen Ländern werden aufgrund der Armut sowie der politischen und medizinischen Verhältnisse geradezu zur Auswanderung getrieben. Die reichen Staaten müssen sich für eine erfolgreiche Entwicklungspolitik und eine gerechte Weltwirtschaftsordnung einsetzen."

Ehe für alle

"Menschen leben nicht nur in der Ehe zwischen Mann und Frau, sondern auch in anderen Beziehungsformen in Verlässlichkeit, Verbindlichkeit und Verantwortung miteinander. Wir begrüßen es deshalb, wenn der Bundestag die Ehe für gleichgeschlechtlichen Partnerschaften öffnet. Die Landeskirche stellt aktuell eingetragene Lebenspartnerschaften genauso unter Gottes Wort und Segen wie auch die Ehen zwischen Mann und Frau. Die öffentlichen Segnungsgottesdienste sollen zum Ausdruck bringen, dass das Leben in Beziehungen ein Abbild der Treue des göttlichen Liebesbundes mit dem Menschen ist. Sie unterscheiden sich in den zentralen Elementen (gegenseitiges Treueversprechen, Ringwechsel, Segenszuspruch) nicht von einer Trauung. Wenn der Bundestag die Ehe für gleichgeschlechtliche Partnerschaften öffnet, werden wir die Bezeichnung des Segnungsgottesdienstes anpassen, denn nach evangelischem Verständnis segnet die Kirche eine staatliche vollzogene Trauung."

Homosexualität

"Homosexualität ist aus Sicht der Landeskirche weder Sünde noch muss sie geheilt werden. Das steht klar und deutlich in der Gottesdienstordnung für Segnungen von Paaren in eingetragener Lebenspartnerschaft: „Als Kirche begrüßen wir, wenn in gleichgeschlechtlicher Beziehung lebende Menschen eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingehen und diese unter Gottes Wort und Segen stellen“, und: „In der Gemeinde Jesu Christi sind Unterschiede von Herkunft, Geschlecht und sexueller Orientierung aufgehoben.“

Reformationstag als gesetzlicher Feiertag

"Es ist gut, dass die Länder Niedersachsen, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein überlegen, den Reformationstag als gesetzlichen Feiertag einzuführen. In ökumenischer Verbundenheit und unter Beteiligung anderer Religionen, aber auch mit Menschen ohne religiöse Bezüge, gelangen uns während des Reformationsjubiläums intensive Begegnungen. Dazu gehörte auch die kritische Auseinandersetzung mit theologischen Irrtümern der Reformatoren. Die übervollen Gottesdienste in allen Landeskirchen am Reformationstag 2017 zeigten, dass er breit in der Gesellschaft verankert ist. Selten zuvor hat ein evangelischer Festtag religionsübergreifend, ökumenisch und weltoffen so viele Menschen in unserem Land, ja international, mit in das Nachdenken über Herkunft und Zukunft unserer Gesellschaft gezogen. Der Reformationstag als gesetzlicher Feiertag würde nicht nur das historische Erbe pflegen, sondern muss auch reformatorische Impulse in die Gegenwart übersetzen und für die Zukunft fruchtbar machen."

Karfreitagsdebatte

"Wer einen Feiertag als freien Tag in Anspruch nimmt – denn dagegen richtet sich die Kritik ja nicht – sollte den Grund für diesen Feiertag auch dann achten, wenn er nicht der eigenen Überzeugung entspricht.
Unsere Gesellschaft lebt von öffentlichen Unterbrechungen, die Selbstverständlichkeiten und Alltägliches in Frage stellen. Die Erzählung vom Kreuzestod Jesu in den Evangelien ist eine solche Unterbrechung, ein Krisen-Ruf. Aber im Evangelium ist in grundlegend anderer Weise von Krise die Rede, als wir es kennen, nämlich: wahrhaftig, befreiend, zum Leben bestärkend. Die Botschaft von Tod und Auferstehung verliert sich nicht in einem apokalyptischen Szenario und leistet sich nicht den Luxus feuilletonistischer Hoffnungslosigkeit, sondern sie probt den christlichen Aufstand gegen innere und äußere Leerstände. Damit leisten wir einen grundlegend wichtigen Beitrag für die Ethik und Stabilität unserer Gesellschaft."

Sterbebegleitung

"Ich begrüße die Entscheidung für das Verbot von Sterbehilfe-Organisationen als notwendigen Schritt. In der Sterbebegleitung insgesamt ist es jedoch nur ein Aspekt unter vielen. Nicht nur die Kirchen, sondern die Gesellschaft insgesamt müssen sich weiterhin um eine menschenwürdige Sterbebegleitung und die Entwicklung der Kriterien für die Gewissensentscheidungen der Ärzte und Angehörigen Sterbender kümmern." (Bundestagsdebatte am 6.11.2015)

Verhältnis von Christentum und Judentum

"Die Gründung des Staates Israel ist nicht zu denken ohne das Wort Auschwitz.
Ein Land, ein Staat, eine Verheißung, die auf die Suche nach Sicherheit für Jüdinnen und Juden in einer Welt, die immer noch voller Antisemitismus ist, eine Antwort gibt.
Man kann viel die Politik in Israel kritisieren, verstehen kann man sie nur unter der Einsicht, dass einmal Deutschland versuchte, das jüdische Volk vollständig zu vernichten.
Das Nachdenken über Gott hat im Judentum wie im Christentum mit Auschwitz eine neue Seite aufgeschlagen. Mühsam suchte das Christentum ein neues Verhältnis zu den jüdischen Geschwistern. Es war ein langer Weg zur Einsicht, dass eine christliche Theologie, die ihre Wurzeln, nämlich das Judentum ignorierte oder bekämpfte, Gott mordete.

Wir sind immer noch in dieser theologischen Arbeit, die auch sichtbar in der Liturgie, in den Texten und unserer Schriftauslegung hör- und sichtbar werden muss."

Kirche in der Stadt

"Die Zukunft der Städte entscheidet sich nicht in Europa, sondern in den boomenden Regionen der Welt. Für eine missionarische Kirche liegt die Herausforderung im rasanten Wachstum der Städte in Südamerika, Afrika und Asien. In 20 Jahren werden vermutlich zwei Drittel der Weltbevölkerung in Großstädten und Megacities mit mehr als zehn Millionen Einwohnern leben. In der Konsequenz bedeutet das eine enorme Zunahme der gesellschaftlichen Spaltung in Arme und Reiche, die schon jetzt in vielen Städten extrem ist.
Die Städte bleiben Schulen des Respekts und der Toleranz, weil die Begegnung mit dem Fremden die Voraussetzung städtischen Lebens ist. Es liegt in der Verantwortung der Religionsgemeinschaften, ob sie sich für die friedliche Lösung städtischer Konflikte einsetzen oder in interreligiösen Auseinandersetzungen selbst Gewalt ausüben. Die moderne Stadt braucht Kirchen, die sich ihrer öffentlichen Verantwortung als Teil wie als Gegenüber der Stadtgesellschaft bewusst sind."

Freie Meinungsäußerung

"Unsere Kultur hat das Gut der freien Meinungsäußerung in Jahrhunderten sowohl den weltlichen wie auch den religiösen Machthabern abgetrotzt.
Meinungsfreiheit, Glaubensfreiheit und Kunstfreiheit sind für mich Errungenschaften, die nicht infrage gestellt werden dürfen. Ebenso wenig wie die Religionsfreiheit. Das schließt auch ein, dass Menschen Respekt vor religiösen Gefühlen fordern dürfen. Die Balance dieser Grundrechte muss von einer Gesellschaft immer wieder eingeübt werden."