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Landesbischof Meister: Lampedusa entscheidet über die Humanität in Europa

Sun, 03 Nov 2013 09:12:38 +0000 von . Bischofskanzlei

Landesbischof Ralf Meister hat am Sonnabend in Norden bei Aurich mit einem Gottesdienst eine Dokumentationsstätte für Flucht, Vertreibung und Integration für die Jahre von 1945 bis 1960 eröffnet. In der ehemaligen Aussiedlerkirche "Gnadenkirche Tidofeld" werde anschaulich, "was ein millionenfach erlebtes schmerzliches Suchen nach einer Heimat bedeutet", sagte Meister.

Die Ausstellung mahne auch zur Aufmerksamkeit gegenüber allen Menschen, die heute auf der Flucht sind: "Unter dem Stichwort einer italienischen Insel im Mittelmeer scheitert zurzeit die Asylfreundlichkeit der europäischen Union. Man könnte auch schärfer formulieren: Lampedusa entscheidet über die Humanität in Europa", betonte der Bischof laut Redemanuskript.

Die Erinnerungen an Vertreibungen haben Meister zufolge die Geschichte Niedersachsens tief geprägt. Rund drei Millionen Menschen hätte aus den östlichen Gebieten des Deutschen Reiches in dem Bundesland eine neue Zuflucht gesucht. Meister ist geistlicher Schirmherr der Dokumentationsstätte. Die gesellschaftspolitische Schirmherrschaft hat der Ministerpräsident von Niedersachsen, Stephan Weil (SPD), übernommen.

Der frühere niedersächsische Landtagspräsident und Kultusminister, Rolf Wernstedt (SPD), erinnerte daran, dass die Vertreibung letztlich eine Folge des NS-Terrors war: "Kenntnis von Geschichte erlaubt die Einordnung eigener Erfahrung, relativiert ihren Schmerz und hilft, die Gegenwart besser zu meistern und die Hoffnung auf die Zukunft nicht zu verlieren."

Wernstedt mahnte seinem Redemanuskript zufolge ein größeres Bewusstsein über die Ursachen von Konflikten an, um den Frieden in der Welt zu bewahren. "Dieses Bewusstsein speist sich aus historischen Erfahrungen, eigener Verantwortung, ethischen und religiösen Überzeugungen, politischen Grundsätzen und dem Willen, unseren sehr individuellen Teil beizutragen."

Bis 1960 lebten rund 6.000 Flüchtlinge in Tidofeld, dem damals größten Flüchtlingslager Niedersachsens, sagte der Mitinitiator und Norder Superintendent Helmut Kirschstein. Ihr Leben nach der Flucht und ihre Integration in die bundesdeutsche Gesellschaft stünden im Zentrum der Dauerausstellung. Vor allem die jüngere Generation solle mit dieser Phase der deutschen Geschichte vertraut gemacht werden.

In der Ausstellung können auf Bildschirmen mit moderner Touchscreen-Technik mehr als 100 Zeitzeugen-Interviews abgerufen werden. Dazu kommen zahlreiche Exponate, etwa eine Milchkanne, in der Flüchtlinge Schmuck und Familienfotos über Tausende Kilometer transportierten.

Das Projekt kostet laut Kirschstein rund 400.000 Euro. Zu den Unterstützern zählen die Klosterkammer Hannover, die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers, die Hanns-Lilje-Stiftung, das katholische Bistum Osnabrück und das Land Niedersachsen. (epd)
Quelle: Wikipedia
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