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"Die Kirche ist nie apolitisch"

Tue, 30 Apr 2019 07:51:19 +0000 von . Bischofskanzlei

"Ermutigung für Wahl-Europäer" mit Landesbischof Meister in der Marktkirche

Hannover (epd). Der Leiter des Zentrums Liberale Moderne in Berlin, Ralf Fücks, hofft trotz aktueller Krisen auf neuen Schwung für die Europäische Union. "Die Gefährdung der EU hat eine Re-Identifikation ausgelöst", sagte der frühere Grünen-Politiker am Montagabend in Hannover bei einer Podiumsdiskussion in der evangelischen Marktkirche zur Europawahl. Umfragen in den verschiedenen Ländern zeigten, dass die grundsätzliche Zustimmung zur EU gegenwärtig trotz der Brexit-Krise so hoch sei wie kaum jemals zuvor. Fücks sprach von einer Gegenbewegung: "Man erinnert sich daran, was die EU bedeutet und dass man sie auf keinen Fall wieder verlieren will."

Der evangelische Landesbischof Ralf Meister aus Hannover hob die friedensfördernde Kraft der EU hervor: "Ihr Modellcharakter kann trotz aller Fehler beispielhaft sein für andere Regionen." Innerhalb Europas seien die Kirchen eng miteinander verbunden und intensiv im Gespräch über Wertefragen, sagte Meister. "Die Kirche ist eine Kirche mit dem Gesicht zur Welt. Sie ist nie apolitisch, sondern sorgt sich um die Menschen." Deshalb setzten sich die Kirchen auch für die EU ein. Angesichts der Gefährdungen dieses großen Projekts müssten sie dafür eintreten, dass die Kräfte gegen die EU nicht noch stärker würden.

Aus Sicht von Fücks steckt die EU derzeit in einer "Wachstumskrise" nach der Aufnahme vieler Staaten aus Mittel- und Osteuropa. Die Finanzkrise ab 2007 und die Flüchtlingsbewegung 2015/16 hätten bei vielen Menschen die Angst vor einem "Kontrollverlust" wachsen lassen. Einige propagierten nun den Rückzug auf den Nationalstaat wie beim Brexit. Doch mehr Europa müsse nicht zugleich mehr Zentralisierung bedeuten, sagte der frühere Bremer Umweltsenator Fücks: "Wir müssen die Einheit stärken, aber nicht auf Kosten der Vielfalt." So könne etwa in der Flüchtlingspolitik zunächst ein Teil der EU-Länder vorangehen.

Der Bezirksvorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Mehrdad Payandeh, warnte vor autoritären Strömungen in Europa. Der Kontinent habe Errungenschaften, die nicht wieder preisgegeben werden dürften, sagte er unter Applaus: "Ich bin einmal aus einer Diktatur geflohen. Auf eine zweite Flucht habe ich keine Lust." Payandeh kam 1985 aus dem Iran nach Deutschland und leitet heute den DGB in Niedersachsen, Bremen und Sachsen-Anhalt. Die Kluft zwischen Arm und Reich in Europa müsse sich verkleinern und dürfe nicht noch größer werden, warnte er: "Sonst fühlen sich die Menschen abgehängt."

epd
Quelle: Evangelische Zeitung / Sven Kriszio
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