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Zum Ramadanfest 2020: Wie sehr vermissen wir die Gemeinschaft

Sat, 23 May 2020 15:01:10 +0000 von . Bischofskanzlei

© Jens Schulze
Landesbischof Meister und Hamideh Mohagehghi beim Epiphaniasempfang der hannoverschen Landeskirche
Im Namen der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers wünsche ich allen Musliminnen und Muslimen in Niedersachsen ein gesegnetes Ramadanfest. 
 
In diesem Jahr war vieles anders als sonst. Das Virus hat unsere Routinen gründlich durcheinander gebracht. Keine Gebete. Keine Gottesdienste. Kein Unterricht. Die Kirchen und die Moscheen mussten geschlossen bleiben. Für Sie wie für uns fiel der Lockdown ausgerechnet in eine Zeit, die für uns die wichtigste im Jahr ist. Unseren jüdischen Schwestern und Brüdern ging es nicht anders: Die Osterfeiern mussten ausfallen, das allabendliche Fastenbrechen im Ramadan war nur in der Familie erlaubt, ebenso der Pessach-Seder. ...
Wie sehr haben wir die Gemeinschaft vermisst in diesem Jahr! Untereinander. Und auch zwischen unseren Gemeinschaften. Für mich war es das erste Jahr seit Jahrzehnten, in dem ich an keinem Iftar teilgenommen habe. Und niemand in unseren Kirchen kann sich daran erinnern, dass es je eine Osterzeit ohne Gottesdienste in Kirchen zum Karfreitag, zur Osternacht und zum Ostersonntag gegeben hätte.

Gewiss, wir können uns online treffen. An Video- und Telefonkonferenzen haben sich viele von uns schnell gewöhnt. Gottesdienste und Freitagspredigten werden gestreamt. Aus Seminaren werden Webinare. Und sogar Online-Iftare und Online-Seder-Feiern gab es.

All das ist sinnvoll, und manches davon sicher auch für die Zukunft eine gute Möglichkeit. Die echte, leibhafte Begegnung und Gemeinschaft allerdings kann es auf Dauer – das ist jedenfalls mein Gefühl – nicht ersetzen.

In diesen Corona-Zeiten pflegen wir unsere Gemeinschaft dadurch, dass wir auf sie verzichten. Und freuen uns schon jetzt auf ein Begegnungen in gewohnter Art. Ein echtes Paradox ist das. Ich bin dankbar dafür, dass uns dieser Kraftakt bisher gut gelungen ist.

Wie wenig selbstverständlich das ist, haben wir in den letzten Wochen immer stärker gesehen. Corona ist unsichtbar, die Beschränkungen sind schmerzlich, nicht zuletzt auch in finanzieller Hinsicht. Da mag es naheliegen zu vermuten, dass finstere Mächte uns bedrohen und es unsere Pflicht sei, uns dagegen aufzulehnen. Die Zeitungen berichten über Anhänger von Verschwörungstheorien. Auch einige religiöse Gemeinschaften wollen von dem Virus nichts wissen, oder die Prediger reden den Gläubigen ein, sie seien dagegen immun.

Aus Niedersachsen habe ich solche Töne in den letzten Wochen nicht gehört. Dafür bin ich dankbar. Für die evangelische Landeskirche kann ich sagen: Wir werden unsere religiöse Freiheit entschieden verteidigen und bleiben verbunden mit den verletztlichesten Gruppen unserer Gesellschaft. Wir brauchen festen Glauben und Vernunft - keine Verschwörungstheorien.

Ich wünsche Ihnen und Ihren Familien gute Gesundheit und Zuversicht.
Ein gesegnetes Fest – Id mubarak
w
ünscht Ihnen 
Ihr 
Ralf Meister
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