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Denn wir sind gerettet auf Hoffnung hin

Thu, 05 Mar 2020 08:53:57 +0000 von . Bischofskanzlei

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Landesbischof Meister predigt in Homs.
Am Sonntag Reminiszere (8. März) beten Christinnen und Christen in allen Kirchen der EKD für  verfolgte Glaubensgeschwister weltweit. In diesem Jahr steht die verzweifelte Lage in Syrien im Mittelpunkt. In einer Andacht im Rahmen der Fastenaktion "7 Wochen ohne Pessimismus" erinnert sich Landesbischof Ralf Meister an seinen Besuch in Homs.

"Wenige Reisen waren für mich so eindrücklich wie meine Tage im Herbst 2017 in Syrien. Es war schon Nacht, als wir mit dem Auto in die Altstadt von Homs hineinfuhren. Dort lebten einmal viele tausend Christinnen und Christen. In jenen Monaten, kurz nach dem Abzug der IS: Gespenstische Dunkelheit in den schmalen Gassen zwischen den Ruinen... 
Wenn wir aber auf das hoffen, was wir nicht sehen, so warten wir darauf in Geduld. Desgleichen hilft auch der Geist unsrer Schwachheit auf. Denn wir wissen nicht, was wir beten sollen, wie sich's gebührt, sondern der Geist selbst tritt für uns ein mit unaussprechlichem Seufzen.  (Römer 8, 25f.)

"Keine Straßenbeleuchtung. Schatten bewegen sich an zerschossenen Hauseingängen. Vereinzelt sitzen Männer vor offenen Türen. Schließlich stehen wir vor einem beleuchteten Tor. Dahinter in einem hellen Raum treffen wir Menschen, die sechs Jahre Bürgerkrieg und Terror überlebt haben. Sie sitzen zusammen und tauschen sich aus über ihre Arbeit mit traumatisierten Kindern. Kinder, die nichts kennen außer Krieg. Junge Erwachsene haben diese Initiative mit ihrem Pastor aufgebaut. Diese Gruppe ist besonnen, aber zugleich von einer tiefen Zuversicht geprägt. Sie nennen ihre Arbeit „Raum der Hoffnung“. Kirchen, Moscheen und Krankenhäuser, Straßenzüge, ganze Stadtteile sind zerstört. Diese Männer und Frauen sind geblieben und haben ausgeharrt in der Überzeugung: In unseren Kindern liegt die Hoffnung für diese Welt. 

Viele Menschen aus Syrien sind für mich Hoffnungsmenschen: Diejenigen, die an ein Weiterleben in ihrer zerstörten Heimat glauben ebenso wie die, die sich in grenzenlosem Gottvertrauen aufgemacht und alles riskiert haben, um einen sicheren Ort zum Leben zu finden. Kinder der Hoffnung, weil sie an einem Bild des Guten festgehalten haben angesichts von unglaublichem Terror und systematischer staatlicher Verfolgung. Die Ziele ihrer Hoffnung lagen in weiter Ferne: Homs sieht in weiten Teilen bis heute aus wie eine Geisterstadt. Mit welchen Worten soll man beten, wenn so viele klagende Bitten ungehört verklungen sind? Hunderttausende sind weiterhin auf der Flucht. Und selbst das Ankommen in einem neuen Land dauert viele Jahre, manche bleiben ein Leben lang fremd. 

„Wenn wir aber auf das hoffen, was wir nicht sehen, so warten wir darauf in Geduld“, schreibt Paulus im Brief an die Römer. Viele theologisch feinsinnige Auslegungen zu diesen Worten kenne ich. Und manch bemühtes eigenes Reden auch. Doch als wir in dem lichten Gemeindesaal in Homs sitzen rühren mich diese biblischen Worte und die Antworten der jungen Männer und Frauen zu Tränen. Wie willst Du beten, wenn nichts, gar nichts deiner Hoffnung eine sichtbare Gestalt gibt? Als ich zögerlich frage, was sie treibe, in ihrer Treue zu diesem Ort und zu ihrem Dienst an den Kindern, antwortet am Ende eine Frau: Wir sind Christen. Wenn nicht wir, wer soll denn sonst noch eine Hoffnungsgeschichte erzählen?  „… der Geist tritt für uns ein mit unaussprechlichem Seufzen.“

Dieser Glaube ist kein vergeblicher Glaube, schreibt Paulus. Diese Menschen sind Zeuginnen und Zeugen für eine Welt, die noch aussteht und der wir uns sehnsuchtsvoll und mit mutigen Initiativen  entgegen strecken. Aber dass es diese neue Welt geben wird, das werden wir einstmals auch jenen Menschen verdanken, die in einer Mischung aus Treue, Trotz und Gottvertrauen daran festgehalten haben, dass „denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen.“ (Ralf Meister)

Arbeitshilfe der EKD zum Sonntag Reminiszere

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