Christus, Weisheit Gottes, du umfasst, was uns zerreißt. Erbarme dich. Christus, Heiland Gottes, du erlöst, was uns bedrängt. Gib Frieden. Christus, Lamm Gottes, du trägst das Leid der Welt. Erbarm dich unser. Christus, du Lamm Gottes, du bist das Heil der Welt. Gib uns deinen Frieden.
Nach Susanne Kayser / Ilona Schmitz-Jeromin / Jochen Arnold 2008/2009 (FreiTöne Nr. 151)
Landesbischof Ralf Meister hat Fehler im Umgang mit sexualisierter Gewalt in der Landeskirche Hannovers eingeräumt, einen Rücktritt aber abgelehnt. „Ich habe nach Abwägung und Gewissensprüfung entschieden, im Dienst zu bleiben“, sagte Meister am Freitag in Hannover. Der 62-Jährige ist seit 2011 hannoverscher Landesbischof.
Meister stellte die bisherigen Bemühungen der Landeskirche um Aufarbeitung heraus, sprach aber zugleich von einem institutionellen Versagen und persönlichen Versäumnissen: „Ich habe mit dazu beigetragen, dass Betroffene weiterhin nicht angemessen gehört wurden.“ So sei es „unsensibel und falsch“ gewesen, Betroffene aus formalen Gründen an andere Personen zu verweisen. Er habe bereits begonnen, Gespräche mit Betroffenen zu führen und stehe weiter für Gespräche bereit.
Meister reagierte damit auf eine im Februar veröffentlichte Studie zu mehreren Fällen sexualisierter Gewalt in Oesede bei Osnabrück zwischen 1973 und 1977. In der dortigen evangelischen Kirchengemeinde hatte ein angehender Diakon mindestens acht Kinder missbraucht. Eine unter dem Pseudonym Lisa Meyer auftretende Betroffene meldete sich 2010 erstmals bei der Landeskirche und drängte ab 2020 weiter auf die Aufarbeitung ihres Falles. Sie wirft der Landeskirche schwere Versäumnisse, Verschleppung und Fehleinschätzungen vor und forderte den Rücktritt des Landesbischofs.
Laut der Studie, die von der Landeskirche in Auftrag gegeben worden war, hatte der damalige Pastor von Oesede in den 1970er-Jahren die von Eltern geäußerten Verdächtigungen vertuscht. Dies sei „verheerend“ gewesen, sagte Meister. Die Studienautoren werteten das Verhalten der Landeskirche nach 2010 als schweres Versäumnis, weil deswegen eine zeitnahe Aufarbeitung unterblieben sei. Die leitenden Theologen hatten damals auf die Verjährung der Taten verwiesen. Als die Betroffene ab 2020 die Aufarbeitung weiter vorantrieb, waren der frühere Diakon und der Pfarrer bereits gestorben.
Als Bischof habe er eine „Verantwortung für die Gesamtkirche“, betonte Meister am Freitag und fragte: „Was verändert sich durch einen Rücktritt, mit Blick auf die Gesamtlage Kirche?“ Innerhalb wie außerhalb der Kirche erfahre er viel Unterstützung, auch für seinen Initiativen im Bereich Missbrauchsaufarbeitung. „Wenn ich Signale bekäme, dass meine Glaubwürdigkeit massiv beschädigt ist, würde das für mich eine neue Situation ergeben.“
Als eine Konsequenz zu dem Bericht gab Meister bekannt, dass die landeskirchliche Fachstelle für Sexualisierte Gewalt personell aufgestockt und direkt dem Präsidenten oder der Präsidentin des Landeskirchenamtes unterstellt werden soll. Zudem habe sich die Landeskirche bereits im Dezember dazu verpflichtet, bis März 2025 eine Unabhängige Regionale Aufarbeitungskommission für Niedersachsen und Bremen zu bilden. Meister betonte, die Missbrauchsfälle seien eine „unglaubliche Verletzung des eigentlichen kirchlichen Auftrags“.
Der Vorsitzende des Landessynodalausschusses, Jörn Surborg, stellte sich hinter den Landesbischof. „Zu sagen, wir müssen hier den Stab brechen, halte ich für unangemessen.“ Derweil unterstrich der Theologische Vizepräsident im Landeskirchenamt, Ralph Charbonnier, dass bei der Begleitung der Betroffenen im Fall Oesede in den Jahren 2020 und 2021 Fehler gemacht worden seien. „Für das Landeskirchenamt bitte ich die Betroffene und die örtlichen Mitarbeitenden um Entschuldigung“, sagte Charbonnier. „Für diese Taten eines kirchlichen Mitarbeiters, für die Versäumnisse der Mitarbeitenden im Umfeld können wir uns nur schämen.“ Zu den Statements von Landesbischof Ralf Meister und Vizepräsident Dr. Ralph Charbonnier
Die Fastenaktion der evangelischen Kirche „Komm rüber! Sieben Wochen ohne Alleingänge“ ist am Sonntag mit einem Fernsehgottesdienst im ZDF eröffnet worden. „Der Karneval ist vorbei und die Fastenzeit hat begonnen“, sagte Landesbischof Ralf Meister in der Kirche St. Katharinen in Osnabrück. Er ist Botschafter der Fastenaktion. „Sieben Wochen bis Ostern. Sieben Wochen, in denen Menschen ihre Zeit anders gestalten wollen. Sie fasten. Sie verzichten oder sie wollen bewusst sich selbst und anderen etwas gönnen und geben.“ Gemeinsam mit Pastorin Andrea Kruckemeyer, Christiane Schmidt-Dreyer, Jan David Dreyer und Vikar Lukas Binger gestaltete Meister den Gottesdienst.
„Komm rüber!“ Das sei mehr als ein Satz, nach dem Einsame sich sehnten und von dem Überlastete genervt seien, sagte Meister. Es sei ein Satz, der Menschen zusammenbringe. Meister betonte in seiner Predigt, in diesen Wochen und Monaten hörten viele Menschen ein „Kommt!“. „Hunderttausende fühlen sich derzeit auf die Straße gerufen. Am dritten Januarwochenende sollen es mehr als eine Million Menschen gewesen sein. Ein Ruf, dem viele Gehör schenken. ‚Komm!‘ Es ist dringend! Unsere Demokratie, unsere Freiheit, unsere Mitmenschen brauchen dich.“
Doch „Komm rüber!“ sei nicht immer ein Ruf, der ins Gute führe, mahnte Meister. „’Komm rüber!‘ kann auch eine dunkle Seite haben. Vertrauen wird gebrochen. Das gilt, so wissen wir, besonders für sexualisierte Gewalt in der Kirche. Es ist zutiefst beschämend, wie sehr Beschuldigte und Verdächtige ihr Amt und das in sie gesetzte Vertrauen missbrauchten.“ Bewusst seien Grenzen von Kindern und Erwachsenen überschritten und ihnen Gewalt angetan worden. „Und wir haben viel zu lange Augen und Ohren verschlossen. Wir haben die Rufe der Betroffenen nicht gehört.“ Daher gelte es, aufmerksam zu prüfen: „Wer ruft mich? Wem kann ich vertrauen?“ In der Fürbitte wurde für die Menschen gebetet, die Gewalt erlitten haben und erleiden. Eine Fürbitte galt Julia Nawalnaja und ihren Kindern.
In der Fasten- oder Passionszeit erinnern Christen an das Leiden und Sterben Jesu Christi und bereiten sich auf Ostern vor, auf die Botschaft von der Auferstehung. Die evangelische Aktion „7 Wochen Ohne“ soll helfen, diese Wochen bewusst zu erleben und zu gestalten. Sie wurde 1983 gegründet. Die diesjährige Aktion setzt bis Ostern sieben Wochenthemen: „Miteinander gehen“, „Mit den Liebsten“, „Mit denen da drüben“, „Mit der Schöpfung“, „Mit der weiten Welt“, „Mit den Anvertrauten“ und „Mit Gott“.
epd/red.
Wenn Sie den Gottesdienst anschauen und noch einmal mitfeiern oder die Texte nachlesen möchten, klicken Sie bitte hier.
Ich bin ein Wegschmeißer und trenne mich ziemlich leicht von Dingen. Nur wenige Dinge sind mir wichtig. Die Manschettenknöpfe von meiner Frau, eine Handvoll alter Briefe, mein Füller und natürlich meine Bücher. Da wird es schwierig. Hunderte stehen in meinen Regalen. Viele werde ich niemals mehr lesen. „Aber wer weiß“, denke ich, „es könnte ja sein, dass ich doch noch mal reinschaue.“ Deshalb habe ich mir einen Trick überlegt und klebe nun an alle Bücher, die ich mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mehr lesen werde, einen kleinen roten Punkt auf den Buchrücken. Das schafft noch keine leeren Regale, ist aber schon ein erstes, sichtbares Zeichen:
Hier wird sich etwas ändern!
Als Wegschmeißer habe ich nicht so große Schwierigkeiten mit der Fastenzeit. Das Verzichten auf Alkohol, Süßigkeiten, ist keine echte Anfechtung.
Zumal die Fastenzeit auch eigentlich keine Diät ist, sondern eine Veränderung einer inneren Haltung. Es sind Wochen zum Nachdenken, die vor uns liegen. Nachdenken über die vielen Versuchungen des Lebens. Was brauche ich zum Leben? Wen oder was bete ich an? Welche Gewohnheit raubt mir das Leben? Bin ich frei für einen anderen Weg?
Das Leben schmeckt anders in diesen Wochen, wenn man nicht nur das alltäglich-Äußerliche infrage stellt, sondern auch nach innen schaut. An welcher Stelle in meinem Leben stehe ich? Wohin soll ich gehen?
Das muss noch nicht zu radikalen Umkehr führen. Aber wenn an dem ein oder anderen Sache schon mal ein roter Punkt klebt, dann könnte es hilfreich sein. Eine gesegnete Fastenzeit wünscht Ihnen Ihr Ralf Meister
Der „Zwischenruf“ ist die Sonntags-Kolumne der KIRCHE IM NDR bei NDR1 Niedersachsen um 12.40 Uhr.
„Mein ausdrücklicher Wunsch war es, in der kleinsten Kirchengemeinde der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers zu Gast zu sein, um Sie am Kirchentagssonntag zum Deutschen Evangelischen Kirchtag herzlich einzuladen“, sagte Landesbischof Ralf Meister gleich zu Beginn des Gottesdienstes. 45 Gemeindemitglieder gehören aktuell zur Kirchengemeinde Wittenburg, seit Mitte 2023 ist sie ein Teil der Gesamtkirchengemeinde Eldagsen und Finiendörfer.
„Nun bin ich hier“, sagte Meister. Die Klosterkirche St. Marie und Willehad ist dem Landesbischof seit mehr als 10 Jahren von außen bekannt, denn: „Ich gehöre zu den Radfahrern.“ Aber nach mehreren anstrengenden Kilometer habe er den Abzweig zur Kirche auf der grünen Anhöhe nie genommen.
Der Kirchtag im kommenden Jahr in Hannover steht unter dem Motto: mutig – stark – beherzt. „Diese drei starken Adjektive klingen wie eine attraktive Marketingbotschaft, mit der Menschen gelockt werden, richtig, aber es ist eine knappe Zusammenfassung aus zwei Bibelversen“, so Meister in seiner ersten Predigt zum kommenden Kirchentag. „Wachet, steht im Glauben, seid mutig und seid stark! Alle eure Dinge lasst in der Liebe geschehen“, steht es im 1. Korintherbrief 16, 13+14 geschrieben.
„Die Worte "seid mutig und stark" sind die richtigen für unserer Zeit, mutig und stark – das können wir gut gebrauchen. Wir werden gebraucht, um uns mutig und stark zu zeigen für unsere Demokratie, unsere Freiheit, unser Gemeinwesen. Es gibt viele Zeichen des Mutes und des beherzten Eingreifens in unsere Gesellschaft. Die brauchen wir, um zu zeigen: wir sind verantwortlich, wie wir zukünftig miteinander leben wollen. Wie wir die Schwachen schützen wollen. Wie wir Gerechtigkeit zwischen arm und reich herstellen“, heißt es in der Predigt des Landesbischofs. Mut und Stärke zeigen sich für Ralf Meister unter anderem in den Demonstrationen der Landwirte, die sich gegen eine fast willkürliche Haushaltsmaßnahme wenden und mutig sagen: So nicht.
Für die Kirchengemeinde Wittenburg hatte Ralf Meister ein Geschenk mitgebracht: Einen roten Liegestuhl mit der Werbung für den Deutschen Evangelische Kirchentag vom 30. April bis zum 4. Mai 2024. Dann werden sich viele zigtausend Menschen in Hannover und Umgebung zu Gottesdiensten, Musik, Diskussionen und Begegnungen treffen. Gleich zu Beginn am 30. April stellen sich die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers und die Stadt Hannover beim Abend der Begegnung mit einem bunten und musikalischen Programm vor.
Am 16. Februar 2025 sind alle Kirchengemeinden bundesweit erneut eingeladen, ihren Gottesdienst zum Kirchentagssonntag zur Einstimmung auf den Deutschen Evangelischen Kirchentag zu feiern.
Der unabhängige Forschungsverbund ForuM hat heute seine Studie „Forschung zur Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt und anderen Missbrauchsformen in der Evangelischen Kirche und Diakonie in Deutschland“ der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Landeskirche Hannovers hat in die Studie einen Fall von sexualisierter Gewalt eingebracht, den die Forschenden in den Teilprojekten A und B behandelt haben. Im Teilprojekt E hat die Landeskirche wie vom Forschungsverbund angefordert in zwei Teilschritten Daten von Fällen sexualisierter Gewalt zur Verfügung gestellt. Im Teilschritt 2 lagen dieser Datenübermittlung als Quellen Disziplinarakten und die entsprechenden Personalakten von Pfarrpersonen sowie weitere Akten und Meldungen bei der telefonischen Hotline der Landeskirche im Jahr 2010 zugrunde. Details zu den Quellen der Datenerhebung finden Sie unten.
Aus beiden Teilschritten im Teilprojekt E zusammen ergeben sich für die Landeskirche Hannovers 110 Fälle sexualisierter Gewalt mit 110 beschuldigten Personen und mindestens 140 betroffenen Personen, die zum Tatzeitpunkt minderjährig gewesen sind. Unter den 110 Beschuldigten sind 62 Pastoren. Eine differenzierte Darstellung der Fallzahlen stellt die Landeskirche hier zur Verfügung. Alle Fälle, in denen die beschuldigten Personen noch leben, hat die Landeskirche den Staatsanwaltschaften vorgelegt. In den Fällen, die bisher nicht öffentlich bekannt sind, macht die Landeskirche Details grundsätzlich nur nach Zustimmung der Betroffenen öffentlich.
Seit der Datenübergabe an den Forschungsverbund sind in der Landeskirche noch weitere zwölf Fälle aus dem Bereich der sexualisierten Gewalt bekannt geworden, unter den Beschuldigten ist eine Pfarrperson. Insgesamt sind der Landeskirche aktuell 122 bestätigte Fälle oder Verdachtsfälle auf Sexualisierte Gewalt bekannt. Unter den beschuldigten Personen sind 63 Pastoren (alle männlich).
Landesbischof Ralf Meister sagt: „Die Zahl von 122 Fällen, die wir jetzt für die Landeskirche Hannovers vorlegen, bildet ausdrücklich nur einen Ausschnitt davon ab, wie viele Betroffene seit 1945 in unserer Landeskirche Sexualisierte Gewalt erlitten haben. Die Zahlen machen zudem deutlich, wie auch Strukturen gerade in der evangelischen Kirche sexualisierte Gewalt ermöglichen.
Die heute vorgestellte ForuM-Studie legt den Fokus darauf, die Faktoren zu identifizieren und zu untersuchen, die in den evangelischen Kirchen und in der Diakonie in der Vergangenheit und bis heute sexualisierte Gewalt ermöglichen und Aufklärung verhindert oder verzögert haben. Die in der Studie genannten Zahlen und die aktuelle Diskussion um die Zahlen dürfen nicht den Blick auf die Beiträge der Betroffenen verstellen.
Die Strukturen, die in unseren Landeskirchen einer konsequenten Aufklärung entgegenstanden und -stehen, wurden untersucht. Wichtig war, dass die Perspektive der Betroffenen dabei neben der Aktenlage maßgeblich im Fokus stand. Mit ihnen gemeinsam müssen wir jetzt zunächst sorgfältig die Ergebnisse und Empfehlungen analysieren. Die Schlussfolgerungen dieser Analyse sind grundlegend für die weitere Umsetzung von Aufarbeitung und Prävention.
Wir müssen in unserer Kirche weiter an einer Kultur arbeiten, in der Sexualisierte Gewalt keinen Raum hat und in der Betroffene ermutigt werden, Unterstützung in Anspruch zu nehmen.“
Hinweis zur Datenerhebung für das Teilprojekt E Für die Datenerhebung zum zweiten Teilschritt im Teilprojekt E hat die Landeskirche Hannovers die folgenden Quellen berücksichtigt:
Quelle 1: alle Anträge der Unabhängigen Kommission zur Anerkennung des erfahrenen Leids (Anerkennungsleistungen bis 2020)
Quelle 2: alle Anträge der Anerkennungskommission bis 05.2022
Quelle 3: alle Disziplinarakten der Landeskirche bis 1999
Quelle 4: alle Disziplinarakten der Landeskirche ab 1999
Quelle 5: Kündigungsliste aller privatrechtlichen Mitarbeitenden
Quelle 6: Statistik der telefonischen Hotline der Landeskirche aus 2010
Nach Identifizierung eines Falls wurden die korrespondierenden Personalakten der beschuldigten Personen für die weitere Recherche hinzugezogen.
Differenzierte Darstellung der Fallzahlen Eine differenzierte Darstellung der Fallzahlen finden Sie hier.
Hannover. Rund 35.000 Menschen haben am Sonnabend nach Polizeiangaben in Hannover gegen Rechtsextremismus und für die Demokratie demonstriert. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil rief den Demonstrierenden auf dem zentralen Opernplatz zu: „Das, was ihr hier zeigt, ist gelebter Verfassungsschutz.“ Die AfD und die Rechtsextremen verschöben die Grenzen des Sag- und Denkbaren nach rechts, wenn sie etwa von „Remigration“ sprächen. Umso wichtiger seien deutliche Zeichen. „Migrantinnen und Migranten, seien sie kurz hier oder auch in der vierten Generation, sie alle sind Teil unserer Gemeinschaft.“
Der Protest, der zeitgleich an vielen Orten in Deutschland stattfand, ist eine Reaktion auf Berichte über ein Treffen hochrangiger AfD-Politikerinnen und -politiker mit Rechtsextremen. Bei dem Treffen im November in Potsdam war laut dem Recherchenetzwerk „Correctiv“ über die Vertreibung von Millionen Menschen aus Deutschland diskutiert worden.
Landesbischof Ralf Meister sagte, „Demokratie verlangt viel. Weil es Menschen gibt, die diese beste Staatsform der Welt nutzen, um sie zu missbrauchen.“ Es sei wichtig, die Demokratie zu verteidigen und sich für sie einzusetzen. „Das zeigen wir! Tausende, zigtausende, hunderttausende Menschen in Deutschland!“ Wer dagegen anderen Menschen Rechte abspreche, von völkischem Mythos fasele und das Parlament zur „Pöbelstube“ mache, sei ein „Demokratie-Verräter!“
Weiter sagte Meister: "Das Herz der Demokratie ist Mitmenschlichkeit. Das Herz der Demokratie vertraut darauf, dass der Mensch das Gute wählen kann; und es wählt. Nicht nur für sich allein. Nicht nur für seine Gleichgesinnten, sondern für alle Menschen." Meister blickte auch voraus auf den Kirchentag im kommenden Jahr in Hannover. Er werde unter der biblischen Losung "Mutig – stark – beherzt" stehen. "Das ist Hannover! Das seid Ihr", sagte der zu den Demonstrierenden. "Und das werden wir auch in Zukunft sein: Mutige, starke und beherzte Demokratinnen und Demokraten!"
Regionalbischöfin Petra Bahr sprach mit Blick auf den bundesweiten Protest von einer „Brandmauer aus vielen Hunderttausenden Demokratinnen und Demokraten“. Sie rief dazu auf, Hass und Hetze nicht nur auf den Kundgebungen, sondern auch im persönlichen Umfeld entgegenzutreten.
Yasmin Fahimi, Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), sagte, „Neufaschisten und ihre Helfer“ hätten Menschen in ethnische Gruppen aufgeteilt und überlegt, wie sie diese deportieren könnten. „Jetzt ist offensichtlich: auch heute ist niemand vor ihnen sicher.“ Umso mehr sei sie stolz auf den zahlreichen Protest. Die Hannoveranerin sagte, sie sei stolz auf ihre Heimat. „Stolz auf Menschen wie Euch.“ Auch Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) lobte, dass sich im Protest die Vielfalt der Stadt zeige.
Unter dem Motto „Hannover zeigt Haltung gegen Rechts und für die Demokratie“ hatte ein breites Bündnis aus Gewerkschaften, Kirchen, Wohlfahrtsverbänden und Parteien zu der Kundgebung auf dem Opernplatz aufgerufen. Menschen drängten sich mit Schildern wie „Nie wieder ist jetzt“ oder „AfD wählen ist so 1933“ in den Straßen rund um den Platz. Dort erinnert ein Mahnmal an die jüdischen Bürger der Stadt, die in der NS-Zeit deportiert und ermordet wurden.
Der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff (CDU) erinnerte an die Wannseekonferenz am 20. Januar 1942. Sie sei ein Symbol für die geplante und systematisierte Tötung der Juden Europas. „Die Wannsee-Villa wurde zum Ort deutscher Schande“, sagte er. „Wir dürfen nie wieder zulassen, dass in Deutschland über die Selektion von Menschen nach Herkunft, Aussehen, Religion, Handicap oder irgendeines anderen Kriteriums beraten wird.“
Bereits am vergangenen Wochenende waren bundesweit Zehntausende Menschen auf die Straße gegangen. Weitere Demonstrationen sind geplant, unter anderem am Sonntag in Bremen und Göttingen.
Landesbischof Ralf Meister hat Donnerstag (18.01.2024) im Namen aller kirchenleitenden Organe an die Mitarbeitenden in den Kirchenkreisen, Einrichtungen und Gremien der Landeskirche geschrieben und sie zur Teilnahme an Aktionen gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Rassismus ermutigt.
Landesbischof Ralf Meister schreibt:
Liebe Geschwister in den Kirchenkreiskonferenzen und Einrichtungen unserer Landeskirche und der Landessynode, „Demokratie verteidigen“ – in zahlreichen Städten gehen Menschen seit Bekanntwerden des Geheimtreffens rechtsgerichteter und rechtsradikaler Kräfte im November in Potsdam auf die Straße.
Sie stehen auf gegen Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Rassismus und widersprechen der Abwertung der Demokratie. Viele von Ihnen haben sich bereits diesem Protest angeschlossen oder sind an der Planung von Kundgebungen beteiligt. Sie haben als Rednerinnen und Redner bei öffentlichen Veranstaltungen gegen rechts zugesagt oder zeigen digital unter #pfarrpersonengegenrechts oder #christinnengegenrechts Gesicht. Dafür danken wir Ihnen von Herzen, gehen mit Ihnen diesen Weg und bestärken Sie ausdrücklich in diesem Engagement.
In Artikel 5 unserer Kirchenverfassung sind wir aufgerufen, als Christinnen und Christen Mitverantwortung für die Gestaltung des demokratischen Gemeinwesens zu übernehmen. Die demokratische Kultur ist ein Teil der neuzeitlichen Gestalt des Protestantismus und ist deshalb auch von uns als Kirche aktiv zu schützen. Der Öffentlichkeitsauftrag unserer Kirche ergibt sich aus dem Öffentlichkeitsanspruch des Evangeliums. Gesellschaftlicher und politischer Rechtsextremismus widerspricht fundamental den christlichen Grundüberzeugungen und Maßstäben.
So bestärken wir Sie darin, unmittelbar zu helfen, wenn Menschen von rechtsextremen Positionen und Parolen in ihrem Leben beeinträchtigt oder bedroht werden.
Wir ermutigen Sie, an friedlichen Demonstrationen als Vertreterinnen und Vertreter unserer Kirche teilzunehmen und sich regionalen Bündnissen anzuschließen.
Wir bitten Sie, sich für friedlichen Protest zu engagieren und auch in den Sozialen Medien zur friedlichen Diskussion beizutragen. Es ist wichtig, das Gespräch auch mit denen nicht abreißen zu lassen, die sich demokratiekritisch oder -feindlich äußern.
Lasst uns gemeinsam im Gebet vor Gott stehen. „Suchet der Stadt Bestes … und betet für sie zum HERRN; denn wenn’s ihr wohlgeht, so geht’s euch auch wohl.“ (Jer. 29,7).
Das ist unsere Hoffnung. Daran halten wir fest.
Im Namen aller kirchenleitenden Gremien grüße ich Sie in Verbundenheit,
Ihr Ralf Meister, Landesbischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers“
Hinweis Im Anhang des Schreibens des Landesbischofs, das per E-Mail verschickt worden ist, war auch der Entwurf einer Fürbitte für die Gottesdienste am kommenden Wochenende enthalten.
Ein breites Bündnis gesellschaftlicher Organisationen will am Sonnabend (20. Januar) in Hannover gegen einen erstarkenden Rechtspopulismus demonstrieren: „Hannover zeigt Haltung gegen Rechts und für die Demokratie“. Nach Angaben der Polizei werden zu der Kundgebung zwischen 14 und 16 Uhr auf dem Opernplatz rund 1.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer erwartet. Angemeldet wurde die Kundgebung vom Freundeskreis Hannover.
Landesbischof Ralf Meister und Regionalbischöfin Dr. Petra Bahr werden neben Ministerpräsident Stephan Weil, Bundespräsident a.D. Christian Wulff, Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay, der Bundesvorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Yasmin Fahimi und Rebekka Seidler, Vorsitzende der Liberalen Jüdischen Gemeinde Hannover und anderen sprechen.
Nach Bekanntwerden eines Treffens rechtsgerichteter Aktivisten in Potsdam mit AfD-Politikern hatten am vergangenen Wochenende in mehreren Städten, darunter Berlin und Potsdam, bereits Tausende Menschen gegen den Rechtspopulismus demonstriert. In der vergangenen Woche hatte das Medienhaus Correctiv Rechercheergebnisse zu dem Treffen in einer Potsdamer Villa im vergangenen November veröffentlicht, bei dem auch Pläne zur Vertreibung von Migranten diskutiert worden sein sollen. An dem Treffen hätten Rechtsextreme, einzelne AfD-Funktionäre sowie Mitglieder der CDU und der erzkonservativen Werteunion teilgenommen.
Hinter dem Demonstrationsaufruf für Hannover stehen Gewerkschaften, Kirchen und Sportvereine sowie Organisationen aus Parteien und Hochschulen.
Zu konkretem Handeln für den Klimaschutz rief Landesbischof Ralf Meister die Teilnehmenden des landeskirchlichen Umwelttages am Sonnabend, 13. Januar, in Hannover auf. Thema des Treffens war die Umsetzung des Klimaschutzgesetzes, das die hannoversche Synode Ende vergangenen Jahres beschlossen hat. Bis 2035 will die Kirche 80 Prozent ihrer CO2-Emissionen einsparen und bis 2045 Treibhausgasneutralität erreichen.
Das Ziel, die globale Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, sei „eine Illusion“, es helfe nur noch eine „sehr konsequente und sofort beginnende Klimaschutzpolitik“, sagte Meister. Er zeigte Verständnis für ein Gefühl der Überforderung und Machtlosigkeit des Einzelnen, wies aber auch darauf hin, dass es weltweit klimapolitische Erfolge gegeben habe. So seien das Ozonloch wieder deutlich verkleinert, Flüsse renaturiert oder Luftschadstoffe durch Auto-Katalysatoren minimiert worden. Meister mahnte eine Haltung der Demut an. „Der Mensch wird die Natur niemals beherrschen“, sagte er. „Wir müssen lernen, mit ihr zu leben.“
Mit dem Zitat von Albert Schweitzer „Das Wenige, was du tun kannst, ist viel“ ermutigte der Landesbischof die rund 120 Teilnehmenden zu aktivem Klimaschutz in ihren jeweiligen Lebensbereichen. Auf seinen Klimatouren durch die Kirchengemeinden der Landeskirche habe er sehr viele zukunftsweisende ökologische Projekte kennengelernt, ebenso wie Menschen, die „mit Überzeugung und Leidenschaft bei der Sache waren.“